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Machtkampf im US-Repräsentantenhaus geht weiter

Nach fünf weiteren ergebnislosen Wahlgängen hat das US-Repräsentantenhaus die Abstimmung über den Vorsitz der Parlamentskammer erneut vertagt. Einen entsprechenden Antrag nahm die Kammer am Donnerstagabend (Ortszeit) mit knapper Mehrheit an. Die Demokraten stemmten sich gegen die erneute Unterbrechung des Wahlprozederes. Die nächste Sitzung soll nun am Freitag (12.00 Uhr Ortszeit/18.00 Uhr MEZ) beginnen.

Elf Wahlgänge, elf Niederlagen

Dann werden weitere Wahlgänge erwartet. Das Wahldrama im US-Kongress zieht sich bereits seit Dienstag hin. Hintergrund ist ein parteiinterner Machtkampf bei den Republikanern. Deren Kandidat für den Vorsitz des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, ist in den vergangenen Tagen bereits in elf Wahlgängen durchgefallen, weil ihm diverse Parteikollegen die Unterstützung verweigerten und er dadurch nicht die nötige Zahl an Stimmen erreichte.

Die Republikaner haben in der Kammer nur eine ganz knappe Mehrheit. Daher bräuchte McCarthy fast alle Stimmen seiner Parteikollegen, um auf den mächtigen Posten gewählt zu werden. Doch mehrere Republikaner vom rechten Rand der Fraktion haben eine Rebellion gegen den 57-Jährigen angezettelt und den Kongress so ins Chaos gestürzt. Denn bis der Vorsitz geklärt ist, geht im Repräsentantenhaus gar nichts: Nicht mal die neuen Abgeordneten, die bei der Kongresswahl im vergangenen November ins Parlament gewählt wurden, können vereidigt werden.

Seine parteiinternen Gegner halten McCarthy für zu gemäßigt und ziehen seine Loyalität zu Ex-Präsident Donald Trump in Zweifel. McCarthy hatte seinen Widersachern in den Reihen seiner Republikaner in der Nacht zu Donnerstag weitreichende Zugeständnisse gemacht, wie sich zeigte aber ohne Erfolg.

Debakel von historischer Dimension

Der Wahlmarathon im Repräsentantenhaus ist für die oppositionellen Republikaner ein Debakel, da sie seit den Zwischenwahlen vom Herbst die Mehrheit in der Kongresskammer stellen. Selbst wenn McCarthy letztlich noch gewählt werden sollte, handelt es sich bereits um eine Blamage von historischer Dimension: Seit 160 Jahren hat es bei der Wahl des “Speakers” keine neun Abstimmungen mehr gegeben.

Im Jahr 1856 hatten sich die Kongressabgeordneten sogar erst nach zwei Monaten und 133 Wahlgängen geeinigt. Der republikanische Abgeordnete John James aus dem US-Bundesstaat Michigan forderte seine Kollegen auf, sich hinter McCarthy zu stellen. Es bestehe “kein Zweifel daran, dass die Probleme, die uns heute spalten, weitaus weniger gravierend sind als die, die wir 1856 hatten”, sagte er.

Das Amt des “Speaker of the House” ist nach dem Präsidenten und der Vizepräsidentin das dritthöchste in der staatlichen Hierarchie der Vereinigten Staaten. McCarthy will auf dem Posten der Demokratin Nancy Pelosi nachfolgen.

haz/pg (afp, rtr, dpa)