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Ukraine aktuell: Selenskyj erwartet “starke Entscheidungen”

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Selenskyj blickt erwartungsvoll auf Ramstein-Treffen
  • Pistorius hält Leopard-Lieferung an Ukraine für möglich
  • EU-Chefdiplomat verurteilt russischen “Endlösung”-Vergleich

 

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hat Deutschlands Zögern in der Frage möglicher Kampfpanzer-Lieferungen an sein Land scharf kritisiert. “Ihr seid doch erwachsene Leute. Sie können gerne noch sechs Monate lang so reden, aber bei uns sterben Menschen – jeden Tag”, sagte Selenskyj in einem Interview mit dem deutschen Fernsehen. “Im Klartext: Kannst du Leoparden liefern oder nicht? Dann gib sie her!”, appellierte er in Richtung Berlin. “Es ist ja nicht so, dass wir angreifen, falls sich da jemand Sorgen macht. Diese Leoparden werden nicht durch Russland fahren. Wir verteidigen uns.” Zugleich betonte der ukrainische Staatschef mit Blick auf bereits geleistete Militärhilfe: “Wir sind dankbar. Ich will, dass alle das hören: Wir sind Deutschland dankbar.”

In seiner abendlichen Videoansprache fügte Selenskyj mit Blick auf das Treffen der westlichen Verbündeten an diesem Freitag auf der US-Militärbasis im rheinland-pfälzischen Ramstein hinzu: Er erwarte “starke Entscheidungen”.

Kampfpanzer Leopard 2

Kampfpanzer Leopard 2: bald in der Ukraine im Einsatz?

Bundeskanzler Olaf Scholz steht unter Druck, seinen bisherigen Widerstand gegen eine Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine aufzugeben. Zuletzt hatten sich Polen und weitere EU- und NATO-Staaten bereiterklärt, der ukrainischen Armee solche Panzer aus deutscher Produktion zur Verfügung zu stellen. Auch dafür müsste die Bundesregierung jedoch grünes Licht geben.

Pistorius schließt Leopard-Lieferung nicht aus

Der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sieht die Lieferung von US-Kampfpanzern vom Typ Abrams in die Ukraine nicht als Bedingung an für die mögliche Entsendung deutscher Kampfpanzer. “Ein solches Junktim ist mir nicht bekannt”, erklärte Pistorius. Zuvor war berichtet worden, Kanzler Olaf Scholz wolle der Ukraine nur dann Leopard-Panzer überlassen, wenn die Vereinigten Staaten ihrerseits Abrams-Panzer zur Verfügung stellten.

“Wir sind sehr gut gefahren als Bundesrepublik Deutschland und als Bündnispartner, dass die großen wichtigen Entscheidungen zur Unterstützung der Ukraine immer im transatlantischen Schulterschluss getroffen worden sind”, führte Pistorius weiter aus. “Wir reden über einen Kampfpanzer wie den Leopard 2, der einer der besten und auch offensiv tauglichsten ist, den es gibt. Und demzufolge ist es eben mit Vorsicht zu genießen, ihn jetzt einfach so rauszugeben.” Klar sei, dass dieser eine wichtige Rolle spielen könne.

Pistorius betonte, er sei ziemlich sicher, dass es sehr bald zu einer Lösung kommen werde. “Niemand schließt aus, dass Leopard-Panzer geliefert werden können, oder dass die Genehmigung, die Zustimmung zu der Lieferung anderer europäischer Partner erteilt werden kann. Aber bis dahin sind noch nicht alle Fragen beantwortet.”

Deutschland US-Verteidigungsminister Lloyd Austin besucht Berlin

Handschlag in Berlin: die Verteidigungsminister Lloyd Austin und Boris Pistorius

Als ersten ausländischen Besucher nach seinem Amtsantritt hatte Pistorius am Donnerstag seinen US-Kollegen Lloyd Austin empfangen. “Wir haben uns sehr gut verstanden auf Anhieb”, berichtete Pistorius. Man habe vereinbart, sich regelmäßig auszutauschen.

Abrams-Lieferung “macht einfach keinen Sinn”

Die Lieferung amerikanischer Abrams-Kampfpanzer an die Ukraine ist nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums derzeit nicht sinnvoll. “Es macht einfach keinen Sinn, den Ukrainern dieses Mittel zum jetzigen Zeitpunkt zur Verfügung zu stellen”, sagte Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh vor Journalisten in Washington. Der Abrams-Kampfpanzer benötige anderen Treibstoff als etwa der Leopard 2 oder der (britische) Challenger 2 und sei aufwendiger in der Instandhaltung.

Pentagon-Chef Lloyd Austin wolle den Ukrainern keine Waffen liefern, “die sie nicht reparieren können, die sie nicht unterhalten können und die sie sich langfristig nicht leisten können”, hatte bereits zuvor US-Verteidigungsstaatssekretär Colin Kahl betont. es gehe “nicht darum, was symbolisch wertvoll ist, sondern darum, was der Ukraine auf dem Schlachtfeld wirklich hilft”.

USA M1 Abrams Panzer

Kampfpanzer Abrams: nicht für die Ukraine geeignet?

NATO-General sieht kaum Eskalationsrisiken

Der Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa hält mögliche Eskalationsrisiken durch eine Lieferung westlicher Kampfpanzer an die Ukraine für beherrschbar. “Können wir das Risiko managen? Ja, absolut. Ich glaube, wir können mit Risiko generell umgehen”, sagte US-General Christopher Cavoli nach einem Treffen des NATO-Militärausschusses in Brüssel. Er machte damit deutlich, dass er keine große Gefahr sieht, dass Russland mit Militärschlägen gegen NATO-Staaten auf die Lieferung westlicher Kampfpanzer an die Ukraine reagiert.

EU-Chefdiplomat verurteilt “Endlösung”-Vergleich

Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow für dessen jüngsten Nazi-Vergleich gescholten. Die Äußerung, der Westen suche eine “Endlösung” der russischen Frage, sei deplatziert und respektlos und trete das Andenken von sechs Millionen ermordeten Juden mit Füßen, erklärte Borrell in Brüssel. Die Wahrheitsverdrehung, mit der das russische Regime seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine rechtfertige, habe “einen weiteren inakzeptablen und verachtenswerten Tiefpunkt erreicht”.

Brüssel EU-Ukraine Konsultationen

Empört: EU-Chefdiplomat Josep Borrell (Archivfoto)

“Es gibt keine Parallele zwischen den Verbrechen von Nazi-Deutschland und der internationalen Hilfe für die Ukraine, die ihr Territorium und ihr Volk gegen eine ungerechtfertigte Aggression verteidigt”, betonte Borrell. Holocaustleugnung sowie Tatsachenverdrehung und Verharmlosung in diesem Zusammenhang stünden in Widerspruch zu Gesetzen und Werten der EU.

Israel verspricht Ukraine humanitäre Unterstützung

Israels neuer Außenminister Eli Cohen hat der Ukraine die Fortsetzung humanitärer Hilfe zugesagt. Ein Schwerpunkt liege dabei auf der Wiederherstellung der Energieinfrastruktur sowie medizinischer Ausrüstung, teilte Cohen nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba mit. Zudem kündigte Cohen an, die israelische Botschaft in Kiew innerhalb der nächsten 60 Tage wieder vollständig öffnen zu wollen. Israelischen Medienberichten zufolge könnte auch eine Reise Cohens in die Ukraine bevorstehen.

Der wiedergewählte israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu pflegte in seinen früheren Amtszeiten eine enge Beziehung zu Kremlchef Wladimir Putin. Israel hat Russlands Angriffskrieg in der Ukraine zwar mehrfach verurteilt. Insgesamt blieb das Land jedoch eher zurückhaltend und lehnt bislang auch Waffenlieferungen an die Ukraine strikt ab. Russland hat unter anderem großen Einfluss auf die Lage in Syrien. Israel will in dem Nachbarland verhindern, dass sein Erzfeind Iran und mit ihm verbündete Milizen ihren militärischen Einfluss ausweiten.

wa/mak (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.