Deutsche Nachrichtenveranstaltungen finden statt

Erdogan vollzieht Kehrtwende mit neuem Finanzminister

Mehmet Simsek war bereits Vizeregierungschef und Finanzminister der Türkei. Das Finanzressort musste er im Sommer 2018 an Berat Albayrak, den Schwiegersohn des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, abgeben. Nun soll Simsek, ein gebürtiger Kurde, der neben der türkischen die britische Staatsbürgerschaft besitzt, die kriselnde Wirtschaft der Landes wieder auf Kurs bringen. Der 56-Jährige ist an den Finanzmärkten hoch angesehen und gilt als Vertreter der allgemein gültigen Regeln der Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Hohe Inflation und Lira-Verfall 

Die Türkei kämpft derzeit mit einer massiven Inflation von offiziell rund 44 Prozent. Experten machen dafür auch die Politik Erdogans verantwortlich, der an niedrigen Zinsen festgehalten hatte, anstatt sie im Kampf gegen die Teuerung anzuheben. Als Folge wertete die Landeswährung Lira drastisch ab, was wiederum das Inflationsproblem verschärfte.

Das Land muss viele Waren und Rohstoffe importieren, die durch die schwache Lira teurer werden. Experten warnten, die türkische Wirtschaft steuere bei einer Fortsetzung der derzeitigen Politik auf heftige Turbulenzen zu, da ihre Devisenreserven erschöpft seien.

Nur eine Frau im Kabinett von Erdogan

Der ehemalige Geheimdienstchef Hakan Fidan wird neuer Außenminister im Kabinett Erdogans. Fidan ersetzt Mevlüt Cavusoglu auf dem Posten. Stabschef Yasar Güler wurde zum Verteidigungsminister ernannt. Der bisherige Istanbuler Gouverneur Ali Yerlikaya soll als neuer Innenminister fungieren. Einzige Frau im Kabinett ist die neue Familienministerin Mahinur Özdemir Göktas. 

Mahinur Özdemir Göktas wirft ihren Stimmzettel in eine Wahlurne

Mahinur Özdemir Göktas, bisher Botschafterin in Algerien, bei ihrer Stimmabgabe in Algier zur Präsidentschafts- und Parlamentswahl in der Türkei

Der seit 20 Jahren regierende Erdogan war zuvor für eine weitere fünfjährige Amtszeit als Präsident vereidigt worden. Während der live im Fernsehen übertragenen Zeremonie im Parlament schwor er, seine Pflicht unparteiisch zu erfüllen. Der 69-Jährige hatte sich nach einem aggressiven Wahlkampf in der Stichwahl am vergangenen Sonntag mit 52 Prozent der Stimmen gegen den sozialdemokratischen Oppositionskandidaten Kemal Kilicdaroglu durchgesetzt. 

Galaempfang im Präsidentenpalast

Nach der Vereidigung hatte Erdogan im Präsidentenpalast in Ankara hochrangige Vertreter aus 78 Ländern und internationalen Organisationen geladen – darunter NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, den venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro und Ungarns Regierungschef Viktor Orban.

Recep Tayyip Erdogan und seine Ehefrau Emine begrüßen geladene Gäste im Präsidentenpalast

Staatschef Erdogan mit seiner Ehefrau Emine im Präsidentenpalast

In seiner Rede rief Erdogan “die Parteien” aber auch “Journalisten, Schriftsteller, die Zivilgesellschaft und Künstler” dazu auf, “sich mit dem nationalen Willen zu versöhnen”. Die zehntausenden Vertreter dieser Gruppen, die derzeit im Gefängnis sitzen, erwähnte er nicht.

Mit seiner Frau Emine an seiner Seite versprach Erdogan, alle 85 Millionen Einwohner der Türkei “zu umarmen, unabhängig von ihren politischen Ansichten, ihrer Herkunft und ihrem Glauben (…)”. Die Türkei brauche Einigkeit und Solidarität mehr denn je, betonte Erdogan.

se/wa (rtr, dpa, afp)