Deutsche Nachrichtenveranstaltungen finden statt

Ukraine aktuell: “Es gibt keine Alternative”

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Selenskyj beharrt auf der Lieferung moderner Kampfpanzer
  • Ukrainischer Verteidigungsminister kündigt Leopard-Training in Polen an
  • US-Vertreter spielen möglichen Fall von Bachmut herunter
  • Kreml kommentiert etwaige Luftabwehrsysteme in Moskau nicht
  • G7-Länder wollen Ölpreisdeckel überprüfen

 

Nach der Ukraine-Konferenz auf dem rheinland-pfälzischen US-Militärstützpunkt Ramstein ringt der Präsident des von Russland angegriffenen Landes weiter um die Lieferung deutscher Kampfpanzer. Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner allabendlichen Videobotschaft: “Wir werden noch kämpfen müssen. Aber mit jedem Tag machen wir deutlicher, dass es keine Alternative gibt.”

Nicht alles, worüber in Ramstein gesprochen wurde, sei für die Öffentlichkeit bestimmt, so der ukrainische Staatschef. “Die Partner stehen fest zu ihrer Haltung, dass sie die Ukraine so lange unterstützen, wie es für unseren Sieg notwendig ist.” Schon jetzt sei es gelungen, die Schlagkraft der Artillerie zu stärken. Sein Land verzeichne Erfolge durch Mehrfachraketenwerfer und die Flugabwehr. Zuletzt hatten etliche Länder weitere Militärhilfen für Kiew angekündigt, allen voran die USA, die Bradley-Schützenpanzer, gepanzerte Fahrzeuge, Luftabwehrsysteme und Munition schicken wollen.

“Kein einheitliches Meinungsbild”

Eine Entscheidung zur Lieferung deutscher Leopard-Kampfpanzer wurde nach offiziellen Angaben auf der Konferenz in Ramstein nicht getroffen. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sagte, es gebe hierzu “kein einheitliches Meinungsbild”. Der Eindruck, Deutschland stehe einer “geschlossenen Koalition” im Wege, sei falsch. In Abstimmung mit den Verbündeten werde die Bundesregierung “so bald wie möglich” einen Beschluss fassen.

Ramstein-Treffen zum Krieg in der Ukraine | Verteidigungsminister Pistorius

“Keine geschlossene Koalition”: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in Ramstein

Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter sprach angesichts dessen von einem “kommunikativen Desaster”. Er sagte der Deutschen Welle, die Ukraine könne nicht länger warten. Dem Land gingen die Soldaten und die Waffen aus. “Jeder Tag zählt”, so Kiesewetter. Er gehe davon aus, dass die Glaubwürdigkeit der europäischen Partner Schaden nehme.

Laut dem ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow, der an der Sitzung in Ramstein teilnahm, werden Soldaten seines Landes in Polen auf Leopard-2-Kampfpanzern trainieren. “Wir werden damit anfangen und dann weitermachen”, zitierte ihn das ukrainischsprachige Programm des US-Senders “Voice of America”. Polen und weitere EU- und NATO-Staaten hatten sich bereiterklärt, der Ukraine eigene Leopard-Panzer zur Verfügung zu stellen. Gemäß den Exportverträgen müsste die Bundesregierung dies jedoch erst genehmigen. Auf Twitter schrieb Resnikow, mit seinem deutschen Kollegen Pistorius habe er eine “offene Diskussion” über das Thema geführt. “Fortsetzung folgt”, fügte er hinzu.

Kirby: “Russen werfen Kämpfer in Fleischwolf”

Um die Stadt Bachmut in der von Russland annektierten ukrainischen Region Donezk tobt derzeit ein Abnutzungskampf. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, sagte, die russische Söldnergruppe Wagner – die von Washington zur kriminellen Organisation erklärt wurde – werfe ihre Kämpfer “buchstäblich in einen Fleischwolf”, um Bachmut und die Nachbarstadt Soledar zu erobern. Sollte dies gelingen, würde “die Dynamik auf dem Schlachtfeld” jedoch nicht entscheidend verändert. Die Ukraine geriete bei einem Verlust von Bachmut nicht plötzlich ins Hintertreffen, so Kirby.

Ukraine-Krieg | Lage für Bewohner in Bachmut

Nicht weit von der Front: Zivilisten am Montag in einem Keller in Bachmut

Dagegen hatte der Bundesnachrichtendienst (BND) nach Informationen des Magazins “Der Spiegel” vor gravierenden Folgen gewarnt: Auf einer geheimen Sitzung mit Sicherheitspolitikern des Bundestages hätten BND-Vertreter erklärt, eine Einnahme von Bachmut würde weitere russische Vorstöße ins Landesinnere erlauben. Die russische Armee gehe mit gnadenloser Härte vor. Hohe Verluste der eigenen Streitkräfte spielten bei ihrer Kriegstaktik offenbar keine Rolle, wodurch die Ukraine derzeit täglich eine dreistellige Zahl an Soldaten verliere.

“Auf wichtigere Aufgabe konzentrieren”

Mehrere Nachrichtenagenturen zitieren einen ungenannten ranghohen US-Vertreter mit der Aussage, auf lange Sicht sei Moskau in der Region allein wegen der zahlenmäßigen Überlegenheit seiner Truppen und der Artillerie-Ressourcen im Vorteil. Eine mögliche Eroberung der Stadt durch Russland würde jedoch keine bedeutende Veränderung im Krieg darstellen, weil die ukrainischen Truppen sich auf gut geschützte Positionen zurückziehen könnten, sagte der Regierungsvertreter demnach. Die Ukraine müsse sich auf die wichtigere Aufgabe konzentrieren, eine Gegenoffensive im Frühjahr vorzubereiten.

Ukraine-Krieg | Ukrainische Soldaten und Panzer an der Front bei Bachmut

Abnutzungskampf: Ukrainische Soldaten vor einer Woche bei Bachmut

Auch am Freitag hatte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau behauptet, die eigene Offensive um Bachmut komme voran. Ein weiteres Dorf, das neun Kilometer vor der Stadt liege, sei “befreit” worden.

Luftabwehrsysteme auf Moskauer Dächern?

Der Kreml hat einen Kommentar zu Aufnahmen von mutmaßlichen Raketenabwehrsystemen auf Moskauer Dächern, die im Internet kursieren, verweigert. Auf die Frage, ob Russland besorgt sei, dass die Hauptstadt Ziel eines ukrainischen Angriffs sein könne, antwortete Sprecher Dmitri Peskow nur allgemein, das Verteidigungsministerium sei für “die Sicherheit des Landes im Allgemeinen und der Hauptstadt im Besonderen” verantwortlich.

Fotos, die in sozialen Medien verbreitet wurden, sollen unter anderem ein Pantsir-Luftabwehrsystem auf dem Gebäude des Ministeriums zeigen. Der Sicherheitsanalyst Michael Horowitz nannte auf Twitter als mögliche Erklärung, dass Russland angesichts möglicher “ukrainischer Angriffe auf Moskau” besorgt sei – oder aber die Bedrohung durch ukrainische Attacken bewusst aufbauschen wolle.

Zwei Männer in den USA wegen Hilfe für Oligarchen angeklagt

Wegen des Verdachts, einem von Sanktionen betroffenen russischen Oligarchen bei der Verschleierung der Besitzverhältnisse seiner Superjacht geholfen zu haben, sind zwei Männer in den USA angeklagt worden. Wie das US-Justizministerium mitteilte, wurde ein Brite in Spanien festgenommen. Er soll an die Vereinigten Staaten ausgeliefert worden. Ein weiterer Verdächtiger mit russischer und schweizerischer Staatsbürgerschaft sei flüchtig.

Spanien I Oligarchen Yacht

Auf 90 Millionen Dollar geschätzt: Luxusjacht “Tango” (Archivbild)

Die beiden Beschuldigten sollen einem engen Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin, dem Milliardär Viktor Wekselberg, geholfen haben, seine Eigentümerschaft über die auf einen Wert von 90 Millionen Dollar (83 Millionen Euro) geschätzte Jacht “Tango” zu verbergen. Wekselberg ist Chef der russischen Unternehmensgruppe Renowa. Er steht mit Bezug auf die russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim seit 2018 auf einer US-Sanktionsliste.

G7-Länder wollen Ölpreisdeckel überprüfen

Die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten des Westens (G7) will die Preisobergrenze für russisches Öl im März neu bewerten und gegebenenfalls anpassen. Das teilte der stellvertretende US-Finanzminister Wally Adeyemo mit. Die G7 und Australien hatten ebenso wie die Europäische Union Anfang Dezember eine Preisobergrenze von 60 Dollar je Fass für russisches Öl festgesetzt, das über den Seeweg transportiert wird. Die Preisobergrenze soll Russlands Einnahmen aus dem Ölverkauf verringern.

jj/gri (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.