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Ukraine aktuell: Bomben auf Charkiw nach Baerbock-Besuch

Das Wichtigste in Kürze:

– Bomben auf Charkiw nach Baerbock-Besuch

– Schlacht um Soledar entschieden?

– Putin-Vertrauter verliert ukrainische Staatsangehörigkeit

– USA schulen ukrainische Soldaten in Deutschland

– Hacker stören Verkauf von Banksy-Werken

 

Nur wenige Stunden nach dem unangekündigten Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in der ostukrainischen Großstadt Charkiw ist die Stadt am Dienstagabend nach Angaben des Regionalgouverneurs bombardiert worden. Im Onlinedienst Telegram forderte Gouverneur Oleg Synegubow die Bewohner dazu auf, in den Schutzräumen zu bleiben. “Die Besatzer bombardieren uns erneut”, schrieb er weiter. Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP hörte mehrere Explosionen in der Stadt.

Charkiw war gleich am ersten Tag des russischen Überfalls im Februar vergangenen Jahres unter heftigen Beschuss gekommen. Es folgten schwere Angriffe und militärische Belagerung. Doch die ukrainische Armee hielt dem Druck stand und drängte die russische Armee weit zurück.

Unter größter Geheimhaltung war Baerbock in die zerschossene Stadt gereist, die für die Ministerin ein “Sinnbild für den absoluten Irrsinn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine” ist. Aktuell verläuft die Kampffront in etwa 130 Kilometern Entfernung.

Soledar gefallen?

Nach tagelangen schweren Kämpfen um die ostukrainische Stadt Soledar haben Angehörige der berüchtigten russischen Söldnertruppe Wagner die Eroberung des Ortes verkündet. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin teilte am Dienstagabend nach Angaben der russischen Staatsagentur Tass mit, dass Soledar erobert worden sei. Im Zentrum des Ortes sei noch eine Gruppe ukrainischer Soldaten eingekesselt.

Video-Still Kämpfe in Soledar

Kampfszenen aus der Stadt Soledar (Social Media Video)

“Die Zahl der Kriegsgefangenen wird morgen mitgeteilt”, wurde Prigoschin zitiert. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden. Von ukrainischer Seite gab es dazu zunächst keinen Kommentar.

Putin-Vertrauter verliert ukrainische Staatsangehörigkeit

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dem Oppositionspolitiker und Putin-Vertrauten Viktor Medwedtschuk und drei weiteren Politikern die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen. “Wenn Volksvertreter sich dazu entscheiden, nicht dem ukrainischen Volk sondern den Mördern zu dienen, die in die Ukraine gekommen sind, dann agieren wir entsprechend”, sagt Selenskyj in seiner nächtlichen Videoansprache.

Wiktor Medwedtschuk

Wiktor Medwedtschuk, ukrainischer Oppositionspolitiker und Vertrauter von Kremlchef Wladimir Putin (Archiv)

Medwetschuk war Chef der verbotenen prorussischen Partei “Oppositionsplattform – Für das Leben”. Er wurde des Hochverrats beschuldigt, bevor er im September 2022 im Rahmen einen Gefangenenaustauschs nach Russland kam. Den beiden Abgeordneten der Partei, Taras Kosak und Renat Kusmin, entzog Selenskyj ebenfalls die Staatsbürgerschaft. Auch Kusmin ist wegen Hochverrats angeklagt. Bei dem vierten handelt es sich um Andrii Derkatsch. Er wurde wie Kusmin von den USA auf eine Sanktionsliste gesetzt. Ihm wird vorgeworfen, Russland bei der Einmischung in die Präsidentenwahl 2020 geholfen zu haben.

Bei allen vier Parlamentsabgeordneten wird eine vorhandene russische Staatsbürgerschaft vermutet. Eigentlich verbietet Artikel 25 der ukrainischen Verfassung den Entzug der ukrainischen Staatsbürgerschaft. Im Staatsbürgerschaftsgesetz ist allerdings nicht vorgesehen, eine zweite Staatsbürgerschaft zu haben. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wer eine andere Staatsbürgerschaft annimmt, kann die ukrainische verlieren.

USA schulen ukrainische Soldaten in Deutschland

Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den von den USA angekündigten Bradley-Schützenpanzern soll auf dem Truppenübungsplatz im bayerischen Grafenwöhr stattfinden. Das bestätigte Pentagon-Sprecher Pat Ryder. Die USA hatten vergangene Woche angekündigt, im Zuge der jüngsten Waffenlieferungen an die Ukraine auch 50 Bradleys bereitstellen zu wollen. Die Panzersollen in den kommenden Wochen in der Ukraine ankommen, sagte Ryder.

Bradley-Schützenpanzer auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr

Bradley-Schützenpanzer auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr (Archiv)

Die gepanzerten Kettenfahrzeuge verfügen laut US-Militär normalerweise über eine Kanone, ein Maschinengewehr sowie panzerbrechende Raketen. Mit den Bradleys wollen die USA auch 500 Anti-Panzer-Raketen und 250.000 Schuss 25-Millimeter-Munition liefern. Damit könne die Ukraine mehr gegen russische Kampfpanzer und andere gepanzerte Fahrzeuge ausrichten, sagte der Pentagon-Sprecher.

In Grafenwöhr im Nordosten Bayerns und im benachbarten Vilseck hat die US-Armee gut 12.500 Soldatinnen und Soldaten stationiert. Es ist einer ihrer größten Standorte in Europa.

Russischer Botschafter attackiert US-Regierung

Für die von den USA und Deutschland zugesagten Patriot-Luftabwehrsysteme sollen nach Angaben von Ryder die dafür vorgesehenen ukrainischen Soldaten mehrere Monate lang in den USA geschult werden. Das Training auf der Militärbasis Fort Sill im US-Bundesstaat Oklahoma könne “schon nächste Woche” beginnen, so der Pentagon-Sprecher. Geplant sei, “etwa 90 bis 100” Ukrainer darin auszubilden, das Abwehrsystem “zu bedienen, instand- und aufrechtzuerhalten”.

Das Patriot-Luftabwehrsystem soll der Ukraine Schutz bieten vor Russlands Angriffen auf ihre Energie-Infrastruktur. Das bodengestützte Patriot-System ist mobil, die Abschussrampen können auf Lkw montiert werden und mit ihren Lenkflugkörpern Flugzeuge, Raketen und Marschflugkörper in der Luft zerstören.

Anatoli Antonow, russischer Botschafter in den USA

Anatoli Antonow, russischer Botschafter in den USA

Der russische Botschafter in den USA, Anatoly Antonov nannte die Pläne der Biden-Regierung, ukrainische Soldaten zu schulen, eine “Bestätigung von Washingtons de-facto-Teilnahme” an dem Ukraine-Konflikt. In einer von der russischen Botschaft veröffentlichten Mitteilung hieß es, die US-Administration versuche, “Russland auf dem Schlachtfeld durch ukrainische Soldaten so viel Schaden wie möglich zuzufügen”.

Hacker stören Verkauf von Banksy-Werken

Ein Onlineverkauf von Werken des britischen Graffiti-Künstlers Banksy zugunsten von Zivilisten in der Ukraine ist nach Angaben einer Hilfsorganisation das Ziel eines russischen Cyberangriffs geworden. Die Website habe “mehr als eine Million Anfragen” und zudem rund 3500 feindliche Angriffe von russischen IP-Adressen erhalten, erklärte die Hilfsorganisation Legacy of War Foundation auf ihrer Website.

Der berühmte Künstler Banksy verkauft über die Organisation 50 Siebdrucke in limitierter Auflage zum Preis von je 5000 Pfund (etwa 5660 Euro), um damit Geld für die vom russischen Angriffskrieg betroffenen Zivilisten in der Ukraine zu sammeln. Die Drucke zeigen eine Maus, die eine Kiste mit dem Aufdruck “zerbrechlich” hinunterrutscht.

Graffito Judo-Kind auf der Wand eines zerstörten Hauses in Kiew

Graffito des weltberühmten Künstlers Banksy in einem Vorort von Kiew (23.12.2022)

Um an eines der Kunstwerke zu kommen, mussten sich die potenziellen Käufer bei der Organisation registrieren. “Wir sichten derzeit die registrierten Anfragen und werden die erfolgreichen Anwärter benachrichtigen”, erklärte die Legacy of War Foundation online weiter.

Banksy hatte erklärt, er unterstütze die Organisation und habe in der Ukraine gesehen, wie eines ihrer Teams “sehr verzweifelten Leuten in einem ausgebombten Gebäude” mit medizinischer Unterstützung, Wasser und “einem freundlichen Gesicht” geholfen habe. Der Künstler hatte bestätigt, hinter sieben Wandgemälden zu stecken, die im vergangenen Jahr auf zerstörten Gebäuden in der Nähe der Hauptstadt Kiew aufgetaucht waren.

Yellen: Preisdeckel für russisches Öl “ein Erfolg”

US-Finanzministerin Janet Yellen hat den Preisdeckel auf russisches Rohöl als Erfolg bezeichnet. Es gebe nach etwa einem Monat “frühe Fortschritte” bezüglich der beiden Ziele, Russlands Einnahmen zu begrenzen und gleichzeitig russisches Öl am Weltmarkt zu halten, sagte Yellen vor einem Treffen mit ihrer kanadischen Kollegin Chrystia Freeland.

Offenbar nutzten Länder die Obergrenze, um russisches Öl sehr günstig zu importieren. Am Dienstag wurde Ural-Öl für Lieferung nach Europa mit 52,48 Dollar je Barrel bewertet, Brent dagegen mit 80,82 Dollar.

mak/bru (afp, dpa, rtr)