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Ukraine aktuell | Selenskyj: Öl-Embargo gegen Russland ist ein Muss

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Selenskyj: Öl-Embargo gegen Russland ist ein Muss
  • Bekannter Kreml-Kritiker festgenommen
  • Frankreich weist sechs russische Staatsbürger aus
  • Europol hilft bei Umsetzung von Sanktionen gegen Russland
  • Italien will Erdgas-Importe aus Algerien aufstocken

 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die westlichen Länder erneut aufgefordert, ihre Sanktionen zu verschärfen. Diese müssten Russland so hart treffen, dass “selbst das russische Gerede über den Einsatz von Massenvernichtungswaffen” verhindert werde. “Ein Öl-Embargo gegen Russland ist ein Muss.” Jedes neue Sanktionspaket, das Öl nicht einschließe, werde in Moskau “mit einem Lächeln aufgenommen”.

Nach Selenskyjs Worten fehlt es der Ukraine an schweren Waffen, um die von russischen Kräften zu Teilen eingenommene Hafenstadt Mariupol zu befreien. “Hätten wir Flugzeuge, genug schwere gepanzerte Fahrzeuge und die nötige Artillerie, könnten wir es schaffen”, sagte der Präsident in einer Videoansprache. “Es geht nicht nur Zeit verloren, sondern auch das Leben von Ukrainern.” Dafür seien diejenigen verantwortlich, die jetzt nicht die Waffen lieferten.

Unbestätigte Vorwürfe zu angeblichem Chemiewaffen-Einsatz

Westliche Militärexperten beobachten Geländegewinne der russischen Truppen im Häuserkampf in Mariupol, wo ein Großangriff erwartet wird. Der dortige Bürgermeister Wadym Bojtschenko sagte der Nachrichtenagentur AP, während der wochenlangen Belagerung seiner Stadt seien bislang mehr als 10.000 Zivilisten getötet worden.

Ukraine | Kriegseindrücke aus Mariupol

In Mariupol wurden nach einer Schätzung des Bürgermeisters bisher mehr als 10.000 Zivilisten getötet

Das in Mariupol kämpfende ukrainische Regiment Asow bezichtigte russische oder prorussische Kräfte, sie hätten eine unbekannte chemische Substanz über der Stadt abgeworfen. Der ehemalige Asow-Kommandeur Andrij Bilezkyj berichtete auf Telegram von drei Personen mit Vergiftungserscheinungen. Eine Bestätigung hierfür aus anderen ukrainischen Militärquellen gibt es bisher jedoch nicht.

Die britische Außenministerin Liz Truss schrieb auf Twitter, man arbeite mit Partnern daran, Details zu verifizieren. Jeder Einsatz chemischer Waffen wäre eine Eskalation, für die man den russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Führung zur Verantwortung ziehen würde, so Truss.

Das US-Verteidigungsministerium erklärte, es gebe keine Bestätigung für einen Chemiewaffeneinsatz. Sollten die Berichte allerdings stimmen, wäre dies höchst beunruhigend, sagte Sprecher John Kirby. Er fügte hinzu, die Anschuldigungen passten zu der Befürchtung, Russland könnte in der Ukraine chemische Mittel zur Unterdrückung großer Menschenmengen einsetzen, etwa Tränengas, das mit anderen Chemikalien vermischt sei.

Mehrere Tote bei Beschuss in Charkiw

Im nordöstlichen Charkiw sind nach ukrainischen Angaben mindestens acht Zivilisten durch russischen Artilleriebeschuss getötet worden. Viele weitere seien verletzt worden, teilte Gouverneur Oleh Synjehubow auf Telegram mit. Die Behörden warnten die Bevölkerung vor abgeworfenen Streuminen, die erst verzögert explodieren. Ob solche – nach internationalen Abkommen verbotenen – Minen tatsächlich von russischer Seite eingesetzt wurden, lässt sich derzeit nicht überprüfen.

Ukraine, Charkiw | Bewohner stehen nach einem russischen Angriff auf der Straße

In Charkiw wurden mehrere Menschen bei Beschuss getötet

In den 24 Stunden zuvor hatte es im Raum Charkiw ukrainischen Angaben zufolge mindestens elf Todesopfer gegeben, darunter ein siebenjähriges Kind. Russische Truppen sollen über 60 Mal mit Artillerie, Mehrfachraketenwerfern und Mörsern angegriffen haben.

Putin spricht mit Lukaschenko

Nach fast sieben Wochen Krieg gegen die Ukraine will sich Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag den Fragen von Medienvertretern stellen. Putin werde am Tag der Raumfahrt den geplanten Weltraumbahnhof Wostotschny im äußersten Osten des Landes besuchen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau laut der Nachrichtenagentur Interfax.

Der Kremlchef will dort auch seinen belarussischen Amtskollegen und Verbündeten Alexander Lukaschenko treffen und anschließend Fragen von Journalisten beantworten. Russland hatte die Ukraine am 24. Februar überfallen. Seitdem griffen russische Truppen auch von belarussischem Gebiet aus an. Zugleich fanden im Grenzgebiet der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik im März die ersten Gespräche zwischen einer russischen und einer ukrainischen Delegation statt. Nach einer weiteren Verhandlungsrunde im türkischen Istanbul hatte der belarussische Machthaber Lukaschenko zuletzt gefordert, sein Land wieder an den Gesprächen zu beteiligen. 

 

UN: Immer mehr Hinweise auf Vergewaltigungen

Die Frauenorganisation der Vereinten Nationen verlangt, Vorwürfe zu untersuchen, wonach russische Soldaten sexuelle Gewalt im Ukraine-Krieg einsetzen. “Wir hören immer häufiger von Vergewaltigungen”, sagte die Direktorin von UN Women, Sima Bahous, im UN-Sicherheitsrat. Massenvertreibungen, der Einsatz von Wehrpflichtigen und Söldnern sowie die Brutalität gegenüber der Zivilbevölkerung ließen “alle Alarmglocken schrillen”.

Die Präsidentin der Menschenrechtsgruppe La Strada Ukraine, Kateryna Tscherepacha, sagte dem Rat, Gewalt und Vergewaltigung würden “von den russischen Invasoren in der Ukraine als Kriegswaffe eingesetzt”. Russlands UN-Botschafter Dmitri Poljanski erklärte hingegen, sein Land führe keinen Krieg gegen Zivilisten. Die Ukraine und ihre Verbündeten wollten “die russischen Soldaten als Sadisten und Vergewaltiger darstellen”.

Bekannter Kreml-Kritiker festgenommen

Die Behörden in Russland gehen weiter gegen Oppositionelle vor, die das Vorgehen der Regierung im Nachbarland anprangern. Der bekannte Kremlkritiker Wladimir Kara-Mursa wurde nach Aussage seines Anwalts festgenommen. Ihm werde Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Die genauen Umstände sind unklar. Kara-Mursa hatte in den vergangenen Wochen wiederholt den russischen Einmarsch in der Ukraine kritisiert. Die Regierung in Moskau bezeichnet den Angriffskrieg als “militärische Spezialoperation”.

 Russischer Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa

Kremlkritiker Wladimir Kara-Mursa (Archivbild)

Der 40-jährige ehemalige Journalist war ein Vertrauter des im Jahr 2015 nahe dem Kreml ermordeten Oppositionspolitikers Boris Nemzow. Kara-Mursa steht dem russischen Regierungskritiker Michail Chodorkowski nahe.

Paris weist Russen mit Diplomatenpass aus

Frankreich hat sechs russische Staatsbürger zu unerwünschten Personen erklärt. Diese hätten sich als Diplomaten ausgegeben und als Geheimagenten gearbeitet, teilte das Außenministerium in Paris mit. Zuvor habe der französische Inlandsgeheimdienst eine Geheimoperation auf französischem Territorium aufgedeckt. 

Aus Moskau gibt es bislang keine Stellungnahme. Bereits vor einer Woche hatte die französische Regierung die Ausweisung von 35 russischen Diplomaten angekündigt. Die sechs Personen wurden dieser Liste nun hinzugefügt.

Indien sperrt sich gegen Druck aus Washington

Die USA und Indien haben bei einem Spitzentreffen keine Annäherung hinsichtlich ihrer Positionen zum Krieg in der Ukraine erreicht. Alle Länder, die Einfluss auf Putin hätten, müssten den russischen Staatschef “drängen, den Krieg zu beenden”, sagte US-Außenminister Antony Blinken nach einem virtuellen Gipfel von US-Präsident Joe Biden mit dem indischen Regierungschef Narendra Modi.

USA | Virtuelles Treffen Joe Biden - Narendra Modi

Virtueller Gipfel von US-Präsident Joe Biden (3. v. l.) mit dem indischen Premier Narendra Modi (auf dem Bildschirm)

Anders als Biden verurteilte Modi den russischen Einmarsch nicht entschieden; der indische Premierminister bezeichnete die Lage in der Ukraine lediglich als “sehr besorgniserregend”. Er erklärte seine Unterstützung für die russisch-ukrainischen Verhandlungen, die Washington wiederum mit Skepsis beobachtet.

Indien hat seit Sowjetzeiten enge Beziehungen zu Moskau und ist im Rüstungsbereich von Russland abhängig. Gleichzeitig hofft Washington, Indien als Verbündeten im Konflikt mit seinem Rivalen China zu gewinnen.