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Ukraine aktuell: Ein “Signal” für die Welt

Das Wichtigste in Kürze

  • Selenskyj erleichtert über ersten Getreideexport seit Monaten
  • Ukraine meldet Rückeroberung von Orten in Region Cherson
  • Polens Präsident betrachtet Russland als Gefahr für Europa
  • Kein Komplettverzicht auf Gas zur Stromerzeugung in Deutschland

 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigt sich nach der Wiederaufnahme der Getreideexporte aus seinem Land vorsichtig optimistisch, die globale Versorgungskrise lösen und die eigene Wirtschaft ankurbeln zu können. “Der Hafen (von Odessa) hat begonnen zu arbeiten und dies ist ein positives Signal dafür, dass es eine Chance gibt, die Entwicklung der Nahrungsmittelkrise in der Welt zu stoppen”, sagte Selenskyj in einer neuen Videobotschaft. Nach seinen Angaben warten 16 weitere Schiffe in den ukrainischen Häfen darauf, für den Export abgefertigt zu werden. Zugleich warnte Selenskyj vor zu großen Hoffnungen. Russland werde nicht einfach damit aufhören, die ukrainischen Exporte zu sabotieren.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erklärte in New York, die unter Vermittlung der UN und der Türkei getroffene Vereinbarung zum Getreideexport habe gezeigt, “dass sich auch in diesen brutalen Zeiten kleine Gesten der Humanität ermöglichen lassen”. Doch auch sie schränkte ein: “Wir haben auch gesehen, dass einen Tag nach Unterzeichnung des Getreide-Abkommens das russische Regime Odessa bombardiert hat. Deswegen ist in diesen Zeiten nichts gewiss.” Der Ukraine-Krieg “wird eben auch als Korn-Krieg geführt”.

Außenministerin Baerbock in New York

Vor dem UN-Hauptquartier: Außenministerin Annalena Baerbock in New York

Am Montagmorgen war das in Sierra Leone registrierte Frachtschiff “Razoni” mit 26.000 Tonnen Mais an Bord aus Odessa in Richtung Libanon ausgelaufen. In der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) wird es zur Inspektion in der Türkei erwartet.

Ukraine berichtet über militärische Erfolge 

Die ukrainischen Streitkräfte haben in der Region Cherson nach Angaben der dortigen Behörden in den vergangenen Wochen etliche Ortschaften zurückerobert. Bislang seien 46 “befreit” worden, berichtete Gouverneur Dmytro Butriy im staatlichen Fernsehen. Die meisten der zurückeroberten Orte lägen im Norden der Region, andere südlich in der Nähe des Schwarzen Meeres. Einige seien “zu 90 Prozent zerstört” und stünden “noch heute unter ständigem Beschuss”. Butriy bezeichnete die humanitäre Lage in der Region als “kritisch”.

Die Region Cherson war in den ersten Tagen des am 24. Februar von Russland begonnenen Angriffskriegs weitgehend von den Invasionstruppen eingenommen worden. Das Gebiet grenzt an die 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim an.

Duda prangert “großrussische Ideen” an

Polens Präsident Andrzej Duda betrachtet Russland als Gefahr für Europa. “Sollte die Ukraine mit ihrem heldenhaften Widerstand den imperialen Plänen Putins nicht standhalten, wären Polen und die baltischen Staaten direkt von einer weiteren Ausweitung der russischen Einflusssphäre auf Mitteleuropa bedroht”, sagte Duda der “Frankfurter Allgemeine Zeitung” vom Dienstag. Duda sprach von “großrussischen Ideen, in denen es darum geht, sich andere Völker unterzuordnen”. Dies seien nicht nur Ideen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, vielmehr sei ein großer Teil der russischen Gesellschaft davon durchdrungen.

Andrzej Duda

Sorgt sich um sein Polen und das Baltikum: Andrzej Duda

“Das Einzige, was man tun kann, ist, die eigene Sicherheit zu stärken, so der polnische Staatschef weiter. Sein Land habe der Ukraine 260 ältere T-72-Panzer geschenkt. Dadurch sei eine Lücke bei der eigenen Truppe entstanden, die durch eine beschleunigte Anschaffung neuer Panzer geschlossen werden müsse. Dabei hoffe Polen auch auf die Lieferung deutscher Leopard-Panzer. Ein sogenannter Ringtausch, mit dem polnische Lieferungen an die Ukraine durch Ersatz aus Deutschland ausgeglichen werden sollen, kam bislang allerdings nicht zustande. Mit dem bisherigen Berliner Angebot von 20 Panzern vom Typ Leopard 2 mit Lieferung ab 2023 hatte sich Polen nicht zufrieden gezeigt.

Habeck-Ministerium weist Lindner-Vorstoß zurück

Ein kompletter Verzicht auf Gas zur Stromerzeugung in Deutschland ist nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums derzeit nicht möglich. Gas sei vor allem in Spitzenzeiten nötig, um die Stromnachfrage zu jeder Zeit decken zu können, erklärte das von den Grünen geführte Ministerium. Es reagierte damit auf eine Forderung von Bundesfinanzminister Christian Lindner. Mit Gas dürfe nicht länger Strom produziert werden, hatte der Chef der liberalen FDP kürzlich betont. Wirtschaftsminister Robert Habeck hätte die Möglichkeit, dies zu unterbinden, meinte Lindner.

14,5 Prozent der Stromerzeugung in Deutschland gehen aktuell auf den Einsatz von Gas zurück. Russland hatte zuletzt deutlich weniger davon nach Europa geliefert. Deutschland will deswegen stärker wieder auf umweltschädliche Kohlekraftwerke zurückgreifen.

Steinkohlekraftwerk Mehrum in Niedersachsen

Wieder am Netz: das Reserve-Steinkohlekraftwerk Mehrum in Niedersachsen

Spanien will viel Energie einsparen

Die spanische Regierung hat vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs “dringende Maßnahmen” zur Einsparung und zur effizienteren Nutzung von Energie beschlossen. Alle Gebäude des öffentlichen Sektors, aber auch Kaufhäuser, Kinos, Arbeitsstätten, Hotels, Bahnhöfe und Flughäfen sollen künftig ihre Räumlichkeiten im Sommer auf nicht weniger als 27 Grad abkühlen und im Winter auf höchstens 19 Grad beheizen dürfen. Außerdem muss die Beleuchtung von nicht benutzen Büros, von Schaufenstern und Denkmälern nach 22 Uhr ausgeschaltet werden. Es handele sich um ein erstes Maßnahmenpaket, das in einer “kritischen Lage” nötig sei, erklärte die Ministerin für Ökologischen Wandel, Teresa Ribera.

wa/bru (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.