Das Wichtigste in Kürze:
- Blinken bittet Lawrow um Telefonat, dessen Ministerium blockt ab
- Bundesregierung genehmigt Verkauf von Panzerhaubitzen
- Macron wirft Russland Haltung einer Kolonialmacht vor
- Ukraine meldet massive russische Truppenverlegung
Die angespannten Beziehungen der USA mit Russland haben sich durch den Ukraine-Krieg noch einmal drastisch verschlechtert. Nun will US-Außenminister Antony Blinken erstmals seit der Invasion mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow sprechen. Es wäre das höchstrangige amerikanisch-russische Gespräch seit Beginn des Kriegs. Bei dem Telefonat solle es um die Freilassung der US-Basketballerin Brittney Griner und des amerikanischen Staatsbürgers Paul Whelan aus russischer Haft gehen, sagte Blinken bei einer Pressekonferenz in Washington. Beide würden zu Unrecht festgehalten. “Wir haben schon vor Wochen einen substanzielles Angebot auf den Tisch gelegt, um die Freigabe zu erleichtern”, sagte Blinken weiter, ohne Einzelheiten zu nennen.
Blinken erklärte, er wolle mit Lawrow auch darüber sprechen, wie wichtig es sei, dass sich Russland an die von den UN vermittelte Vereinbarung zum Export von ukrainischem Getreide hält. Die Vereinbarung sei ein positiver Schritt nach vorn, allerdings gebe es einen Unterschied zwischen einer Vereinbarung auf dem Papier und einer Vereinbarung in der Praxis, sagte Blinken. Zudem wolle er Lawrow vor russischen Versuchen warnen, Gebiete im Osten und Süden der Ukraine zu annektieren.

Von russischer Artillerie getroffen: Bachmut in der Region Donezk
Moskau reagierte mit einem unterkühlten Statement auf den US-Vorstoß. Das russische Außenministerium teilte mit, es gebe kein offizielles Gesuch für ein solches Gespräch. Statt Diplomatie per “Megafon” zu betreiben, solle sich Washington an die diplomatische Praxis halten, hieß es in Moskau.
Die Basketballerin Griner war am 17. Februar auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo wegen eines Drogendelikts festgenommen worden. Bei der Kontrolle ihres Gepäcks soll sie sogenannte Vape-Kartuschen und eine geringe Menge Haschisch-Öl bei sich gehabt haben. Sie hat ihre Schuld eingestanden, verteidigte sich aber: Sie habe medizinisches Marihuana in Absprache mit ihrem Arzt als schmerzstillendes Mittel verwendet.
Whelan war im Dezember 2018 in Russland verhaftet und der Spionage beschuldigt worden. Er soll in Russland geheime Informationen auf einem Datenträger entgegengenommen haben. Im Juni 2020 wurde er zu einer 16-jährigen Haftstrafe verurteilt.
Bundesregierung erlaubt Verkauf von 100 Panzerhaubitzen an Kiew
Die Bundesregierung hat den Verkauf von 100 Waffensystemen des Typs Panzerhaubitze 2000 des Herstellers Krauss-Maffei Wegmann (KMW) an die Ukraine genehmigt. Ein Firmensprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins “Der Spiegel”. Demnach erteilte das Wirtschaftsministerium dem Münchner Rüstungsunternehmen am 13. Juli die Genehmigung für den Bau der Panzerhaubitzen 2000. Damit sei auch der Export genehmigt, sagte der Sprecher. Der Vertrag mit der Ukraine werde jetzt gemacht. KMW sei aber bereit, in Vorleistung zu gehen, damit keine Zeit verloren gehe.

Eine Panzerhaubitze 2000 der Bundeswehr (Archivbild)
Deutschland hat der Ukraine bislang zehn Panzerhaubitzen 2000 aus eigenen Beständen geliefert. Die Panzerhaubitze ist das modernste Artilleriegeschütz der Bundeswehr mit einer Reichweite von 40 Kilometern. Wann die Ukraine die ersten jetzt bei KMW neu gefertigten Haubitzen bekommt, ist geheim. Die Produktion aller Haubitzen dürfte mehrere Jahre dauern. Sie kosten insgesamt rund 1,7 Milliarden Euro.
Macron: Russland gebärdet sich wie eine Kolonialmacht
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Russland wegen des Ukraine-Kriegs die Haltung einer Kolonialmacht vorgeworfen. Moskau habe einen “Territorialkrieg” wie im 19. Jahrhundert angezettelt, mit dem in Europa niemand mehr gerechnet habe, sagte Macron bei einem Besuch im westafrikanischen Benin. Die koloniale Haltung Russlands habe sich gezeigt, als das Land entschieden habe, “ein benachbartes Land zu überfallen, um seine eigenen Interessen zu vertreten”, erklärte er. “Und das sage ich auf einem Kontinent, der koloniales Machtstreben erlitten hat”, sagte Macron in Anspielung auf die koloniale Vergangenheit vieler afrikanischer Staaten.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron mit dem Präsidenten von Benin, Patrice Talon
Ukraine meldet massive russische Truppenverlegung
Einem hochrangigen Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge unternimmt Russland eine “massive Verlegung” von Truppen in Richtung der drei südlichen Regionen Cherson, Melitopol und Saporischschja. Der Berater Oleksyj Arestowytsch bestätigte zudem frühere Angaben prorussischer Kräfte, wonach das zweitgrößte Kraftwerk des Landes, das Kohlekraftwerk Wuhlehirsk im Donbass, in russischer Hand ist.
US-Bericht: Etwa 75.000 Russen in Ukraine-Krieg getötet oder verletzt
Im Krieg gegen die Ukraine sind auf russischer Seite nach Schätzungen aus den USA mehr als 75.000 Menschen getötet oder verwundet worden. Das berichtete der Sender CNN unter Berufung auf Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses. “Wir wurden darüber informiert, dass mehr als 75.000 Russen entweder getötet oder verletzt wurden, was enorm ist”, zitierte der Sender die demokratische Abgeordnete Elissa Slotkin, die zuvor an einem geheimen Briefing der US-Regierung teilgenommen hatte. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA hatte zuletzt geschätzt, dass auf russischer Seite bereits 15.000 Menschen ums Leben gekommen seien. Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Totenzahlen gibt es nicht.
qu/mak (dpa, rtr, afp)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.