Das Wichtigste in Kürze:
- Baerbock dankt Medienschaffenden in der Ukraine
- Ärzte ohne Grenzen spricht von einer desaströsen Lage in Mariupol
- Internet in Cherson läuft über russische Infrastruktur
- Großbritannien kündigt weitere Militärhilfe an
- Habeck rechnet mit baldigem Öl-Embargo gegen Russland
Zum Welttag der Pressefreiheit hat Außenministerin Annalena Baerbock allen Journalistinnen und Journalisten gedankt, die in der Ukraine im Einsatz sind: “Ihre Arbeit ringt uns nicht nur großen Respekt ab, sie ist unersetzlich und zugleich lebensgefährlich.” Mindestens zehn Medienschaffende seien in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs getötet worden.

Pierre Zakrzewski – der 55-jährige Kameramann des US-Senders Fox News wurde nahe der Hauptstadt Kiew getötet
Medienleute seien oft die ersten Zeugen und leisteten einen entscheidenden Beitrag zur Dokumentation von bewaffneten Kämpfen, sagte Baerbock. “Sie sind das Sprachrohr der Opfer, die sonst kein Gehör finden und nicht sichtbar wären, sie belegen Menschenrechtsverletzungen aber auch Kriegsverbrechen.”
Weltweit seien Presse- und Informationsfreiheit in Gefahr, so die Grünen-Ministerin weiter. Regierungen versuchten, Presse- und Informationsfreiheit einzuschränken, Debatten zu unterbinden, Fehlinformationen zu verbreiten, Journalistinnen und Journalisten einzuschüchtern oder gar verschwinden zu lassen.
Ärzte ohne Grenzen über Mariupol: “Es ist die totale Katastrophe”
Die humanitäre Lage in der von russischen Truppen eingenommenen Hafenstadt Mariupol ist nach Einschätzung der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen desaströs. Die Menschen dort seien weitgehend auf sich alleine gestellt. Die Notfallkoordinatorin der Organisation für die Ukraine, Anja Wolz, sprach in den Zeitungen der Funke Mediengruppe von einer totalen Katastrophe. Das tatsächliche Ausmaß an menschlichem Leid in der belagerten Metropole werde erst in Zukunft vollständig sichtbar werden. Butscha, Irpin und Hostomel seien nur die Spitze des Eisbergs, sagte Wolz. Dort waren nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen gefunden worden.

Ein Anwohner im zerstörten Mariupol
In dem von russischen Soldaten abgeriegelten Stahlwerk Asowstal in Mariupol sind nach Angaben des ukrainischen Militärs rund 200 Zivilisten in verschütteten Bunkern gefangen. Der stellvertretende Kommandeur des Asow-Regiments, das sich auf dem riesigen Werksgelände verschanzt hat, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, in den Schutzräumen seien Kinder, Frauen und Ältere. Seine Truppen hätten aber kein schweres Gerät, um die Eingänge freizuräumen, so Swiatoslaw Palamar.
Russland stellt Internet in Cherson-Region auf russische Infrastruktur um
Russland hat den Internetverkehr in der seit März besetzten ukrainischen Region Cherson nach Angaben der Organisation NetBlocks auf russische Kommunikationsinfrastruktur umgestellt. Nach einem fast vollständigen Internetausfall in der Region am Samstag würden nun die Verbindungen über das russische Internet statt über die ukrainische Telekommunikationsinfrastruktur geleitet und “unterliegen nun wahrscheinlich den russischen Internetvorschriften, der Überwachung und Zensur”, schreibt die in London ansässige Organisation zur Überwachung der Cybersicherheit und Internetfreiheit auf ihrer Webseite. Russland hat eine Rückgabe der östlich von Odessa liegenden Seehafenstadt Cherson ausgeschlossen und will dort den Rubel als Zahlungsmittel einführen.
Fast 1,3 Millionen Ukrainer nach Russland gebracht
Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau fast 200.000 Kinder und 1,1 Millionen Erwachsene aus dem Land nach Russland gebracht worden. Sie seien auf eigenen Wunsch evakuiert worden, teilt das Ministerium mit. Dagegen beschuldigt die Regierung in Kiew den Kreml, er habe seit Beginn des Krieges am 24. Februar Tausende von Menschen gewaltsam nach Russland verschleppen lassen.
Großbritannien kündigt weitere Militärhilfen an
Der britische Premierminister Boris Johnson wird an diesem Dienstag in einer Videoansprache vor dem ukrainischen Parlament weitere 300 Millionen Pfund (358 Millionen Euro) Militärhilfe für die Ukraine verkünden. Wie sein Büro in London mitteilte, soll das Unterstützungspaket Ausrüstung für die elektronische Kriegsführung, ein Radarsystem zur Abwehr von Artillerie, Störgeräte für GPS und Nachtsichtgeräte umfassen.

Der britische Premier Boris Johnson verspricht der Ukraine weitere militärische Unterstützung
Die Briten gehören in Europa zu den größten Lieferanten von Rüstungsgütern an Kiew. Sie hatten vergangene Woche angekündigt, gepanzerte Fahrzeuge zur Flugabwehr zu schicken. Außerdem haben sie tausende tragbare Panzer- und Flugabwehrraketen sowie Plastiksprengstoff geliefert. In den kommenden Wochen will die britische Regierung zudem Drohnen zum Transport schwerer Lasten auf den Weg bringen.
Waffen und Ausrüstung für mehr als 190 Millionen Euro
Die Bundesregierung hat in den ersten acht Kriegswochen Waffen und andere Rüstungsgüter im Wert von mindestens 191,9 Millionen Euro in die Ukraine geliefert. Das geht aus einer Antwort des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervor. Vom ersten Kriegstag, dem 24. Februar, bis zum 19. April gab die Regierung danach grünes Licht für die Lieferung von Kriegswaffen für 120,5 Millionen Euro und für sonstige Rüstungsgüter im Wert von 71,4 Millionen Euro.
Zum Vergleich: Das kleine Estland hat nach Regierungsangaben bisher Militärhilfe im Wert von mehr als 220 Millionen Euro für die Ukraine geleistet. Die USA sagten der Ukraine seit Kriegsbeginn Waffen und Munition im Wert von mehr als 3,7 Milliarden US-Dollar (rund 3,5 Milliarden Euro) zu oder lieferten diese bereits.
Draghi verteidigt westliche Waffenlieferungen an die Ukraine
Der italienische Regierungschef Mario Draghi hat die Versorgung der Ukraine mit westlichen Waffen nochmals begründet. Man werde Frieden nur erreichen, wenn sich die Ukraine verteidigen könne, sagte er an die Adresse der Kritiker in seiner Heimat. “Sonst überlassen wir ein Land, dessen Einwohner, ein Volk, Kinder und Frauen den russischen Invasoren.”
Die Parteichefs der Fünf-Sterne-Bewegung (Giuseppe Conte) und der Lega (Matteo Salvini) hatten sich gegen schwere Waffen für die Ukraine ausgesprochen – obwohl beide Parteien zu Draghis Regierung gehören.
Habeck sieht Öl-Embargo gegen Russland kommen
An diesem Dienstag werde die EU-Kommission Vorschläge für ein sechstes Sanktionspaket gegen Russland vorlegen, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck in den ARD-Tagesthemen. “Da wird sicherlich einiges zu Öl drin stehen.”
Allerdings ist bislang unklar, unter welchen Bedingungen sehr stark von russischen Öllieferungen abhängige Länder wie Ungarn oder die Slowakei die benötigte Zustimmung zu einem EU-Einfuhrverbot geben könnten. Denkbar wären eine Übergangsfrist – etwa bis Anfang kommenden Jahres – oder Ausnahmeregelungen. Ungarn hat bislang alle EU-Sanktionen mitgetragen. Eigene Waffenlieferungen an die Ukraine lehnt die Regierung von Viktor Orban allerdings strikt ab.
se/rb (dpa, afp, rtr, kna, epd)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.