Die ersten Worte des US-Präsidenten auf der Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin galten den Opfern der Flutkatastrophe in Deutschland. “Es ist eine Tragödie und unsere Herzen sind bei den Familien, die geliebte Menschen verloren haben”, sagte Joe Biden nach seinem Gespräch mit Angela Merkel im Weißen Haus.
Die Kanzlerin blickte in ihrer Stellungnahme selbstverständlich ebenfalls zunächst in die Heimat. Das Ausmaß der Tragödie sei noch unüberschaubar, sagte Merkel, und das Leid der Betroffenen gehe ihr sehr nahe. Es sei ein Tag gewesen von Angst um Leben und Besitz, ein Tag der Sorgen und Verzweiflung. Hunderttausende hätten erleben müssen, dass Wohnhäuser zu “Todesfallen” geworden seien.
US-Präsident Biden kondoliert Kanzlerin Merkel angesichts der Hochwasserkatastrophe in Deutschland
“Wir werden sie in dieser schwierigen, schrecklichen Stunde nicht alleine lassen und werden auch helfen, wenn es um den Wiederaufbau geht”, versprach die CDU-Politikerin, die auch nicht vergaß, auf die Hochwasserlage in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden hinzuweisen.
Flaggen auf Halbmast
Im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz hängen an diesem Freitag die Flaggen vor öffentlichen Gebäuden auf Halbmast. Ministerpräsidentin Malu Dreyer von der SPD bezeichnete die Schäden der Katastrophe als “beispiellos”. Viele Menschen hätten alles verloren und leider steige auch die Zahl der Toten.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Reißende Flüsse
Die Kyll ist in normalen Zeiten ein kleiner Nebenfluss der Mosel. Sie fließt aus der belgischen Region Wallonien in die deutschen Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Im besonders vom Unwetter betroffenen Eifelkreis Bitburg-Prüm ist die Kyll bei Erdorf über die Ufer getreten und hat Teile des Dorfes geflutet.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Auch Millionenstadt betroffen
Auch Köln, mit rund einer Million Einwohnern Deutschlands viertgrößte Stadt, ist von der Hochwasserkatastrophe betroffen – so wie in dieser Bahnunterführung, bei der nur noch das Dach eines Autos aus dem Wasser ragt.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Ganzes Dorf verwüstet
Im kleinen Ort Schuld in der Eifel, rund 50 Kilometer südlich von Köln, sind ganze Häuser von den Wassermassen weggerissen worden. Straßen sind unterspült. Die Drohnenaufnahme zeigt das Ausmaß der Zerstörung.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Historisches Hochwasser der Ahr
Im Ahrtal haben die Regenfälle ein Jahrhundert-Hochwasser ausgelöst. Bei Ausfall des Pegelmelders am Mittwochabend war die Ahr bereits zwei Meter über dem alten Rekord. Die Straßen von Esch (Kreis Ahrweiler) haben sich in reißende Ströme verwandelt. Zahlreiche Dörfer und Städte in der Region sind vollständig geflutet.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Mindestens 43 Tote und rund Dutzende Vermisste in Deutschland
Das erste Todesopfer des Unwetters wurde aus dem Sauerland gemeldet. Ein Feuerwehrmann fiel in Altena nach einem Hilfseinsatz beim Wiedereinstieg ins Einsatzfahrzeug ins Wasser und wurde abgetrieben. “Er konnte kurze Zeit später nur noch tot geborgen werden“, teilte die Polizei später mit. Die Kleinstadt ist weitgehend überflutet – auch Erdrutsche hat es gegeben.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Bundeswehr hilft
In vielen Regionen im Westen Deutschlands wurde Katastrophenalarm ausgelöst. Das erleichtert die Koordination zwischen den Behörden – und die Kooperaiton mit der Bundeswehr. Mit einem Bergepanzer und schwerem Räumgerät rücken die Soldaten an, um die Schäden, die die Überflutung der Nahma in der Großstadt Hagen verursacht hat, zu beseitigen.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Evakuierung von Stadtteilen
In Leichlingen halfen sich Anwohner durch die Fluten der Wupper. Durch den starken Regenfall war der Pegel des Flusses so stark angestiegen, dass Teile der Stadt evakuiert werden mussten. Besonders betroffen war der Bereich unterhalb der Diepentalsperre. Dort drohte ein Damm zu brechen.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Schäden in Millionenhöhe
Ein Auto ist vom Schutt bedeckt, den die Überflutung der Nahma in Hagen am Vorabend mit sich gebracht hat. Durch die heftigen Regenfälle war das Flüsschen am Rande des Ruhrgebiets zu einem reißenden Fluss geworden.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Auf verlorenem Posten
Am Mittwoch haben Feuerwehrleute im Katastrophengebiet versucht, das Schlimmste zu verhindern. Eine Sperrwand aus Holz sollte Mayschoss im Ahrtal vor den Wassermassen sichern. Am Ende waren viele Bemühungen vergeblich – die Naturgewalten haben sich ihren Weg gebahnt.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Verkehrsverbindungen unterbrochen
Ein Zug steht in der Nacht am Bahnhof in Kordel im Landkreis Trier-Saarburg in Rheinland-Pfalz. Ein Teil des Ortes wurde von den Wassermassen der Kyll überflutet. In weiten Teil Westdeutschlands ist der Nah- und Fernverkehr unterbrochen – auch die Stromversorgung ist in mehreren besonders betroffenen Gebieten unterbrochen.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Starkregen sorgt auch in Belgien für Tote
In Belgien sind Medienberichten zufolge zwei Menschen im Zusammenhang mit Starkregen in der Provinz Lüttich ums Leben gekommen. Viele Orte in den Ardennen hat es besonders getroffen. Die Stadt Spa liegt gut 35 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Das Zentrum wurde durch den andauernden Starkregen zum Teil überflutet.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Schäden an der Infrastruktur
Die Aufräumarbeiten werden auch in Belgien noch lange Zeit in Anspruch nehmen. Der Starkregen hat die Infrastruktur in den betroffenen Gebieten massiv beschädigt. Hier wurde ein Auto von den Wassermassen auf einer überfluteten Straße durch einen Zaun mitgerissen.
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Tote und Vermisste: Unwetter-Katastrophe in Europa
Angst vor Jahrhunderthochwasser in Schweiz
Auch in der Schweiz ist die Gefahr eines Jahrhunderthochwassers noch nicht gebannt. Die Schifffahrt wurde vielerorts eingestellt. Überschwemmungen, Erdrutsche und Murgänge werden aus mehreren Regionen gemeldet. Diese Luftaufnahme zeigt den Fluss Allaine, der nach starken Regenfällen in den letzten Tagen über die Ufer getreten ist.
Autorin/Autor: Kevin Mertens, Andreas Noll
“Ein erster Hoffnungsschimmer in dieser schlimmen Stunde” sei die Zusage des Bundes, den betroffenen Menschen schnell helfen zu wollen, sagte Dreyer. Sie dankte dem angereisten Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz “für das starke Signal der Solidarität”. “Die Schäden in den Kommunen sind immens”, fügte die Ministerpräsidentin hinzu. “Das können wir als Land nicht alleine auffangen und sind dankbar für den Bund an unserer Seite.”
“Mehr Klimaschutz”
Die Sozialdemokraten setzen in der Hochwasser-Katastrophe auf konzentriertes Krisenmanagement und rasche Hilfe. “Jetzt gilt es, alle Anstrengungen zu bündeln, um Menschleben zu retten und noch größere Schäden zu verhindern”, sagte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Co-Vorsitzende Saskia Esken sagte, die Häufung dieser “Jahrhundert-Wetterextreme” und ihre verheerenden Auswirkungen seien ein deutliches Anzeichen des Klimawandels, die ein entschlossenes Gegenwirken erforderten.
NRW-Ministerpräsident und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet
Auch der Kanzlerkandidat der Unionsparteien CDU und CSU, Armin Laschet, fordert als Konsequenz aus der Katastrophe eine schnellere Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Die Häufung von Starkregen- und Hitzeepisoden sei “verbunden mit dem Klimawandel”, sagte der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. “Das bedeutet, dass wir bei den Maßnahmen zum Klimaschutz mehr Tempo brauchen – europäisch, bundesweit, weltweit.”
Eine Reise durch Süddeutschland hatte Laschet abgebrochen und auch seine Teilnahme an der CSU-Klausur im bayerischen Seeon abgesagt. “Jeder Ministerpräsident, der sein Amt ernst nimmt, ist in einem solchen Moment bei den Menschen vor Ort”, sagte er.
Grünen-Chef will nicht im Wege stehen
Grünen-Parteichef Robert Habeck will den Hochwasser-Gebieten vorerst fern bleiben, um die Rettungsarbeiten nicht zu belasten. “Jetzt ist die Stunde der Retter und nicht die Stunde von Politikern, die dort nur im Weg rumstehen, und so einer wäre ich.”
Grünen-Chef Robert Habeck
Es sei aber richtig, dass sich Ministerpräsidenten, zuständige Minister, Parlamentarier und Kommunalvertreter vor Ort ein Bild machten, um Unterstützung zu leisten, sagte Habeck. Er selber werde gerne kommen, wenn die Krise überstanden und darüber zu reden sei, welche Schlüsse “aus dieser Extremsituation” zu ziehen seien. Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat derweil ihren Urlaub abgebrochen.
Bei den Unwettern im Westen Deutschlands sind mindestens 58 Menschen gestorben. Ganze Landstriche sind verwüstet.
rb/AL (AFP, dpa, KNA)