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Ukraine Aktuell: Selenskyj setzt auf neue Hilfe aus dem Westen

Das Wichtigste in Kürze:

  • Selenskyj zieht positives Fazit 
  • Macron stellt Frankreichs Position klar
  • Exil-Russen suchen nach Lösung
  • Ungarns Regierung bleibt bei ihrem Sonderweg

 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet von der Münchner Sicherheitskonferenz weitere militärische Hilfe für die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland. “Es gibt wichtige Erklärungen von den Führern der Welt zur Unterstützung unseres Staates, und es gibt Signale zur Stärkung der Waffen für unsere Verteidigung”, sagte Selenskyj am Samstagabend in seiner täglichen Videoansprache.

Dies gelte insbesondere für Raketen mit größerer Reichweite. Die Erklärungen von München machten deutlich, dass der von Kremlchef Wladimir Putin befohlene Angriffskrieg gegen die Ukraine nur mit einer Niederlage für den Aggressor enden könne. Man habe zudem konkrete Vereinbarungen mit den Partnern darüber erzielt, dass Russland für die Invasion zur Rechenschaft gezogen werde, sagte der 45-Jährige.

Selenskyj ging in seiner Rede auch auf die russischen Raketenangriffe am Morgen ein. Diese hätten nur zu einem kurzfristigen Ausfall des Stromnetzes geführt. Derzeit seien fast alle Regionen der Ukraine wieder am Netz, so Selenskyj. Für Kiew ist das ein symbolischer Erfolg, da die russischen Raketenangriffe seit Oktober auf die Zerstörung der ukrainischen Energie-Infrastruktur zielen. Kälte und Dunkelheit mitten im Winter sollen die Ukrainer demotivieren, den Krieg weiter zu führen. 

“Keine Seite kann vollständig siegen”

Nach Meinung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nur durch Verhandlungen ein Ende finden. “Ich will die Niederlage Russlands in der Ukraine und ich will, dass die Ukraine ihre Position verteidigen kann, aber ich bin überzeugt, dass das letztlich nicht militärisch abgeschlossen wird”, sagte Macron französischen Medien. In dem Interview der Zeitungen “Le Figaro” und “Le Journal du Dimanche” sowie des Senders France Inter führte Macron aus: “Keine der zwei Seiten kann vollständig siegen.”

Die Folgen der Mobilmachung seien nicht so groß wie beabsichtigt und sie selbst stoße auch an Kapazitätsgrenzen. Macron bekräftigte, dass es nun eine Militäroffensive der Ukraine brauche, um Russland an den Verhandlungstisch zurückzuholen. Er glaube aber nicht, dass Russland auf seinem eigenen Boden angegriffen werden sollte, wie es einige meinten. Diese Beobachter wollten vor allem Russland zerschmettern und dies sei niemals die Position Frankreichs gewesen und werde es niemals sein.

München Sicherheitskonferenz MSC l PK von Macron, Duda, Scholz

Frankreichs Präsident Macron (l.), neben ihm Polens Präsident Duda und Bundeskanzler Scholz

Zweifel äußerte Macron an der Möglichkeit erheblichen innenpolitischen Drucks in Russland. “Glauben wir wirklich, dass eine demokratische Lösung aus der aktuellen russischen Zivilgesellschaft hervorgehen wird nach diesen Jahren der Verschärfung und mitten im Konflikt? Ich wünsche es mir sehr, aber ich glaube nicht wirklich daran.” Zu möglichen Nachfolgern des russischen Präsidenten Wladimir Putins innerhalb des aktuellen Systems sagte Macron, dass sie ihm schlimmer erschienen. 

Exil-Russen suchen nach Lösung

Der russische Regierungskritiker und frühere Schachweltmeister Garry Kasparow sieht in einer militärischen Niederlage Russlands den einzigen Schlüssel für Veränderung. “Ein Sieg der Ukraine ist die Voraussetzung für jeden Wandel in Russland”, sagte Kasparow auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Exil-Russen diskutierten Wege und Konzepte für eine demokratische Zukunft des Landes. Der Bevölkerung in Russland müsse deutlich gemacht werden, dass der Krieg verloren sei, sagte Kasparow.

München | Münchner Sicherheitskonferenz MSC

Ex-Schachweltmeister Kasparow erläutert in München seine Position

Er halte die Menschen dort für enorm leidensfähig, solange sie einen Sieg für möglich hielten. Der einzige Weg sei, den Menschen klar zu machen, dass der Krieg verloren werde. “Und um die Meinung der Russen zu ändern, gibt es leider keine andere Lösung als den Ukrainern zu helfen, die Krim zu befreien. Die Krim ist die Heftklammer von Putins Mythologie”, sagte Kasparow.

Nemzowa setzt auf “emotionale Argumente”

Die Tochter des ermordeten Kremlgegners Boris Nemzow, Schanna Nemzowa, bescheinigte vielen Menschen in Russland, die Lage in der Ukraine nicht zu kennen und auch desinteressiert zu sein. “Sie kümmern sich nicht um den Krieg in der Ukraine”, sagte sie. “Wir im Exil müssen mit den Russen reden.” Es müsse über russische Verbrechen informiert werden. Rationale Argumente allein funktionierten dabei nicht: “Das Einzige was funktioniert, sind emotionale Argumente”, sagte sie.

Pistorius: “Dieser Westen ist nicht so schwach, wie Putin es gerne hätte”

Irina Schtscherbakowa, Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial, sagte, die russische Diktatur wolle die Menschen glauben machen, dass nach ihrem Sturz das totale Chaos drohe. Diese Sichtweise verfange auch im Westen. Sie sagte: “Das sind Ängste, die der Westen überwinden muss.”

Der russische Kremlgegner Michail Chodorkowski, der schon vor dem offiziellen Beginn der Konferenz in München seine Vorschläge für eine Föderalisierung Russlands vorgestellte hatte, zeichnete nochmals den Weg Putins an die Macht nach und sagte: “Wir haben ihn alle unterschätzt.”

Orban bleibt bei Sonderweg

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban will die wirtschaftlichen Beziehungen seines Landes zu Russland aufrechterhalten. “Wir schlagen dies auch unseren Verbündeten vor”, sagte der rechtsnationalistische Regierungschef am Samstag in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation.

Die ungarische Regierung halte die Auffassung nicht für realistisch, dass Russland eine Bedrohung für die Sicherheit Ungarns oder Europas sei. Europa stehe kurz davor, “in einen Krieg abzudriften”, sagte Orban. Europa “befindet sich bereits in einem indirekten Krieg mit Russland”. Es gebe nur eine Möglichkeit: “Wir müssen uns aus dem Krieg heraushalten”, sagte er. “Das wird als Nato- und EU-Mitglied nicht einfach sein, denn dort sind alle anderen für den Krieg.”

EU-Gipfel l Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, in Brüssel

Ungarns Ministerpräsident Orban

Das EU- und NATO-Mitglied Ungarn fährt in Bezug auf den russischen Angriffskrieg in der benachbarten Ukraine eine eigene Strategie. Ministerpräsident Orban verurteilte die russische Aggression, ohne den russischen Präsidenten Wladimir Putin namentlich zu kritisieren. Orban, der vor dem Krieg enge Beziehungen zu Putin unterhielt, weigert sich, Waffen an die Ukraine zu liefern und kritisierte die EU-Sanktionen gegen Russland. Er fordert einen sofortigen Waffenstillstand und Friedensgespräche.

haz/fw (dpa, rtr, afp, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.