Deutsche Nachrichtenveranstaltungen finden statt

Ukraine aktuell: Russland verlängert Untersuchungshaft von US-Reporter

Das Wichtigste in Kürze:

  • Russland verlängert Untersuchungshaft von US-Reporter Gershkovich bis 30. August
  • EU lieferte bereits 220.000 Artilleriegeschosse an die Ukraine
  • Präsident Selenskyj will Marineinfanterie ausbauen
  • Scholz: Putins Krieg wird zu EU-Mitgliedschaft Ukraine führen
  • Bisher wenige Asylzusagen für russische Kriegsdienst-Verweigerer

 

Der in Russland festgehaltene US-Journalist Evan Gershkovich muss weitere drei Monate in Untersuchungshaft bleiben. Ein Gericht stimmte einem Antrag der Ermittlungsbehörden zu, die Haft bis zum 30. August zu verlängern. Das meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Damit folgte das Gericht Forderungen des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB. Der Reporter des “Wall Street Journal” war im März wegen Spionagevorwürfen festgenommen worden. Gershkovich und die US-Regierung wiesen die Beschuldigung kategorisch zurück. Bei der Anhörung am Dienstag waren seine Eltern im Gerichtssaal.

Das US-Außenministerium forderte erneut eine “sofortige Freilassung” des Journalisten. Ein Ministeriumssprecher verlangte zudem, den ehemaligen amerikanischen Soldaten Paul Whelan freizusetzen, der ebenfalls wegen Spionagevorwürfen inhaftiert ist. Gershkovich ist der erste ausländische Journalist, der seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Russland wegen Spionage in Gewahrsam genommen wurde. Er verbringt die Haft in Moskaus Lefortowo-Gefängnis, das dafür bekannt ist, seine Insassen fast komplett zu isolieren.

EU hat bereits zahlreiche Geschosse an Kiew geliefert

Die ukrainischen Streitkräfte haben über die neue EU-Initiative für Munitionslieferungen bereits etwa 220.000 Artilleriegeschosse und Mörsergranaten erhalten. Das teilte eine Sprecherin des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell nach einem Treffen der EU-Verteidigungsminister in Brüssel mit. Zudem wurden rund 1300 Raketen geliefert, darunter Panzerabwehrraketen, Seezielflugkörper und Flugabwehrraketen. Die EU-Staaten hatten der Ukraine im März versprochen, innerhalb von zwölf Monaten eine Million neue Artilleriegeschosse und Raketen für den Abwehrkrieg gegen Russland bereitzustellen. Sie sollen aus den Beständen der Mitgliedsstaaten bereitgestellt werden, künftig aber auch über neue gemeinsame Beschaffungsprojekte organisiert werden.

Rätsel um russische Stadt Belgorod (23.05.2023)

Präsident Selenskyj will Marineinfanterie ausbauen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die Marineinfanterie seines Landes vergrößern. Mit der Bildung eines Marieninfanterie-Corps sollen zu bestehenden Einheiten neue Brigaden hinzukommen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. “Wir werden sie mit modernen Waffen und Ausrüstungsgegenständen ausstatten”, ergänzte er. Selenskyj hatte am Dienstag ukrainische Marineinfanteristen an der Front zwischen den Ortschaften Wuhledar und Marjinka unterwegs. Beide Orte gelten als Brennpunkte des Kriegs und sind schwer umkämpft.

G7 Gipfel in Japan, Hiroshima | Wolodymyr Selenskyj

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj

Der ukrainische Präsident war in den Tagen davor im Ausland unterwegs, unter anderem bei Gipfeltreffen in Saudi-Arabien und Japan. Er betonte in seiner Ansprache, “jede internationale Kommunikation” diene dazu, die Ukraine und ihre Verteidigung zu stärken.

Scholz: Putins Krieg wird zu EU-Mitgliedschaft Ukraine führen

Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich zuversichtlich, dass Russland den Krieg gegen die Ukraine nicht gewinnt. “Das bittere Kapitel der Geschichte unseres Kontinents […] wird damit enden, dass sich die freie Ukraine als vollwertiges Mitglied der Europäischen Union anschließt”, sagte Scholz bei der 160-Jahr-Feier seiner Partei. Er betonte, dass gerade die SPD sich in dem Konflikt klar an die Seite der Ukraine stellen müsse. Denn es liege auch an der Entspannungspolitik des früheren Kanzlers Willy Brandt, dass heute in Europa die Prinzipien der Nichtanwendung der Gewalt, Unverletzlichkeit der Grenzen, territoriale Integrität der Staaten und das Selbstbestimmungsrecht der Völker gelten würden. “Für alle diese Prinzipien stehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus tiefer Überzeugung ein”, sagte er.

Deutschland | SPD feiert 160-jähriges Bestehen | Bundeskanzler Olaf Scholz

Kanzler Olaf Scholz hält eine Rede zum 160-jährigen Bestehen der SPD

Polen will ukrainische Kampfjet-Piloten ausbilden

Polen will nach eigenen Angaben ukrainische Kampfjet-Piloten ausbilden, hat damit aber noch nicht begonnen. “Wir sind bereit”, sagte der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak nach EU-Beratungen in Brüssel. Das Training habe aber “noch nicht angefangen”. Blaszczak stellte damit Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell richtig. Dieser hatte vor dem Treffen der EU-Verteidigungsminister behauptet, die Schulung der F-16-Piloten habe bereits “in mehreren Ländern begonnen”, darunter Polen.

Polen NATO Manöver 2022 F-16 Kampfjet

Ein F-16-Kampfjet der polnischen Luftwaffe

Die niederländische Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren bestätigte in Brüssel, dass ihr Land zu der transatlantischen Kampfjet-Koalition gehört, die ukrainische Piloten ausbilden will und in einem “nächsten Schritt” auch F-16-Kampfflugzeuge an Kiew liefern könnte. US-Präsident Joe Biden hatte dafür zuvor den Weg freigemacht. Als weitere Teilnehmer der Koalition nannte Ollongren Dänemark, Belgien und Großbritannien. Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius lässt eine Unterstützung durch die Bundesrepublik prüfen. Er verwies in Brüssel darauf, dass Deutschland nicht über F-16-Kampfflugzeuge aus US-Produktion verfüge, welche die Ukraine fordert.

Bisher wenige Asylzusagen für russische Kriegsdienstverweigerer

Bisher haben einem Medienbericht zufolge nur wenige russische Kriegsdienstverweigerer Asyl in Deutschland erhalten. Von knapp 2500 Anträgen seien nur 55 positiv entschieden worden, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland, das sich auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken beruft.

Wünsdorf Russische Wehrdienstverweigerer

Russische Kriegsdienstverweigerer hoffen auf Asyl in Deutschland (Archivbild)

Demnach haben bis Ende April 2485 männliche russische Staatsangehörige im wehrfähigen Alter einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt. In 814 Fällen sei über die Anträge entschieden worden. Davon seien 55 Anträge gebilligt und 88 abgelehnt worden. In den verbleibenden 671 Fällen sei es zu einer “formellen Verfahrenserledigung” gekommen. Dies könne etwa durch die Rücknahme des Asylantrags erfolgen. Als wehrfähig gelten russische Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren.

Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, kritisierte die geringe Zahl positiver Bescheide zu den Asylanträgen: “Wenn weit über 100.000 Männer im wehrfähigen Alter Russland verlassen und sich Putins Krieg verweigern, aber nur 55 von ihnen in Deutschland offiziell Schutz finden, läuft etwas gewaltig schief.” Trotz vollmundiger Ankündigungen tue die Bundesregierung zu wenig, um junge Russen darin zu bestärken, nicht gegen die Ukraine zu kämpfen. Die Bundesregierung müsse jetzt mit den europäischen Partnern und den Anrainerstaaten Russlands Absprachen treffen, wie russischen Männern im wehrfähigen Alter Visa und Schutz ermöglicht werden könnten.

TAL-Pipeline macht Tschechien von russischem Erdöl unabhängig

Tschechien wird dank einer Kapazitätserhöhung der Transalpinen Ölleitung ab 2025 von russischen Erdöllieferungen unabhängig sein. Das gab Ministerpräsident Petr Fiala beim Besuch des zentralen Rohöl-Tanklagers bei Prag bekannt. Er sprach von einem Meilenstein. Der für sein Land nutzbare Teil der TAL-Kapazität werde auf acht Millionen Tonnen jährlich verdoppelt. Die Transalpine Ölleitung (TAL) führt vom Hafen im italienischen Triest ins bayerische Ingolstadt. Von dort besteht Anschluss an die Pipeline der tschechischen Staatsfirma Mero.

Italien Öl-Pipeline über die Alpen

Die Tankfarm Triest gehört zur Transalpinen Ölleitung (TAL)

Für den TAL-Ausbau ist der Austausch von Pumpen erforderlich. Mero übernimmt die Kosten, die auf umgerechnet bis zu 67,5 Millionen Euro geschätzt werden. Im vorigen Jahr stammten noch 56 Prozent des nach Tschechien importierten Rohöls aus Russland.

Hintergrund des geplanten Verzichts auf Lieferungen über die Druschba-Pipeline aus Russland ist der Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die liberalkonservative Regierung in Prag zählt zu den entschiedenen Unterstützern Kiews und hat viele Waffen geliefert.

kle/mak (afp, dpa, rtr, kna)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.