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Tunesiens Oppositionspolitiker Ghannouchi festgenommen

Der einflussreiche tunesische Oppositionspolitiker Rached Ghannouchi ist nach der Durchsuchung seines Hauses festgenommen worden. Die Polizei habe den 81-Jährigen in das El Aouina-Gefängnis im Osten der Hauptstadt Tunis gebracht, teilte Ghannouchis Anwalt mit. Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen ihn wegen “aufrührerischer Äußerungen”. Medien im Land berichteten, Ghannouchi sei zu einem Video befragt worden, in dem er sage, die vermeintlichen Bemühungen des Präsidenten (Kais Saied), die islamistische Opposition auszurotten, drohten einen Bürgerkrieg zu entfesseln.

Die islamistische Ennahda, die größte Partei des Landes, dessen Vorsitzender Ghannouchi ist, sprach von einer “sehr gefährlichen Entwicklung” und forderte die unverzügliche Freilassung.

Mit der Festnahme Ghannouchis hat die Verhaftungswelle von Oppositionellen einen neuen Höhepunkt erreicht. Seit Anfang Februar wurden nach landesweiten Protesten der Bevölkerung mehr als 20 Oppositionelle, Journalisten und Aktivisten in dem nordafrikanischen Land festgenommen. Saied bezeichnete die Festgenommenen als “Terroristen”, die an einer “Verschwörung gegen die Sicherheit des Staates” beteiligt gewesen seien. In- und ausländische Menschenrechtsaktivisten verurteilten das Vorgehen. 

Präsident Kais Saied, im Hintergrund seine Frau

Beim Volk immer unbeliebter: Präsident Kais Saied (Archivbild vom Dezember)

Staatschef Saied hatte 2021 das Parlament entmachtet und die Regierung durch von ihm ausgesuchte Minister ersetzt. Zudem erweiterte er die Befugnisse seines Amtes, so dass fast alle Macht in seinen Händen liegt. Ghannouchi war bis zur Auflösung des Parlaments dessen Präsident.

Saieds Gegner befürchten, der Präsident wolle Tunesien in eine Autokratie verwandeln und die demokratischen Errungenschaften der Revolution des Arabischen Frühlings, der 2011 in Tunesien begann, zurückschrauben.

Ghannouchi bereits mehrfach vorgeladen

Ghannouchi geriet in den vergangenen Monaten bereits wiederholt ins Visier der tunesischen Justiz. So wurde er wegen ausländischer Spenden an eine Ennahda-nahe Wohltätigkeitsorganisation wegen des Verdachts der Geldwäsche befragt. Im November musste er wegen des Vorwurfs vor Gericht erscheinen, seine Partei habe Dschihadisten dabei geholfen, in den Irak und nach Syrien zu reisen. Ende Februar stand er wegen Terrorvorwürfen vor Gericht, nachdem er Polizisten als “Tyrannen” bezeichnet hatte.   

se/wa (ap, rtr, afp)