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Sudan: Europäer evakuieren auf Hochtouren

Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, rechnete bis Montagabend mit bis zu 1500 EU-Bürgern, die aus dem umkämpften Sudan herausgeholt werden konnten. Schon im Laufe des Montags waren mehr als 1000 gezählt worden. “Es war eine unglaubliche Mobilisierung der Mitgliedstaaten”, sagte Borrell nach einem EU-Außenministertreffen in Luxemburg. Und er ergänzte: “Ehrlich gesagt hat es meine höchsten Erwartungen übertroffen.”

Auch die Bundeswehr beteiligt sich an den Evakuierungen: Seit Sonntagabend brachte sie mit vier Flügen rund 400 Menschen in Sicherheit, darunter sämtliche Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Khartum und etliche Bürger anderer Länder. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius erklärte, bislang sei der “außerordentlich komplexe” Einsatz “ohne jede Panne, ohne jedes Problem” verlaufen. “Niemand ist bisher von unseren Leuten zu Schaden gekommen”, betonte Pistorius. An dem Einsatz waren nach Angaben des Ministers rund tausend Soldaten der Bundeswehr beteiligt. Kanzler Olaf Scholz dankte ihnen für den “gefährlichen” Einsatz.

“Noch befinden sich weitere Deutsche vor Ort”, teilte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mit. Ob allerdings die Sicherheitslage in den nächsten Tagen weitere Evakuierungen erlauben werde, sei “mehr als ungewiss”. 

Baerbock: Ortskräfte bleiben im Sudan 

Zur Situation der von der Bundesregierung im Sudan beschäftigten einheimischen Ortskräfte sagte Baerbock, deren Evakuierung sei – anders als nach der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan – nicht geplant. Die örtlichen Mitarbeiter im Sudan seien im Unterschied zu Afghanistan “nicht einer speziellen Verfolgung ausgesetzt”, was die rechtliche Voraussetzung für ihre Evakuierung wäre, führte sie aus. Auch hätten diese Beschäftigten “nicht den Wunsch geäußert, auszureisen”.

Baerbock und Pistorius zu Evakuierungen im Sudan

Gaben ein Pressestatement ab: Boris Pistorius und Annalena Baerbock

Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Alexander Müller, machte im DW-Interview deutlich, Deutschland werde auch weiterhin Menschenleben im Sudan retten, wenn es die Situation erlaube. In dem Gespräch ging es auch um die Frage, was Deutschland und andere internationale Partner tun könnten, um die humanitäre Lage im Sudan zu verbessern. Hier sagte Müller, man müsse für Menschen, die flüchteten, eine Zuflucht finden, die so nahe wie möglich an ihrer Heimat liege. Er verwies in dem Zusammenhang auf das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei. Ähnliches könne man mit Ländern wie Ägypten oder Saudi-Arabien versuchen. 

Zehntausenden Sudanesen bleibt aber wohl nur die lebensgefährliche Flucht auf dem Landweg. “Zivilisten fliehen aus dem von Kämpfen betroffenen Gebieten unter anderem in den Tschad, nach Ägypten und in den Südsudan”, stellte das UN-Nothilfebüro OCHA fest. Auch an der Grenze zu Äthiopien sammelten sich Tausende. In weiten Teilen des Sudan herrscht großer Mangel an Wasser, Lebensmitteln, Medikamenten, Strom und Treibstoff.

Sudan | Rauchsäulen über Khartum

Sichtbares Zeichen heftiger Gefechte: Rauchsäulen über Khartum

Blinken: Dreitägige Feuerpause vereinbart

Unterdessen trat im Sudan am frühen Dienstagmorgen (Ortszeit) eine neue Waffenruhe in Kraft, auf die sich die Konfliktparteien nach “intensiven Verhandlungen” verständigten. Diese soll bis Donnerstagabend gelten, wie US-Außenminister Antony Blinken erläuterte. Zugleich rief er die sudanesische Armee und die paramilitärische Miliz “Rapid Support Forces” (RSF) auf, die Feuerpause in diesem Zeitraum “vollständig” einzuhalten.

Die USA wollten sich zudem für ein “dauerhaftes Ende der Kämpfe” einsetzen, fügte Blinken hinzu. Washington werde sich zu diesem Zweck mit “regionalen und internationalen Partnern” sowie zivilen Vertretern im Sudan abstimmen, um die Gründung eines Komitees für Verhandlungen über ein Ende der Gewalt zu unterstützen. Grundsätzlich sei das Ziel, dass wieder eine zivile Regierung im Sudan die Macht übernehme.

Bei den seit anderthalb Wochen anhaltenden Gefechten zwischen der Armee und der RSF-Miliz wurden nach UN-Angaben bereits mehr als 400 Menschen getötet und fast 4000 weitere verletzt. Mehrere vereinbarte Waffenruhen wurden gebrochen. 

wa/ack/ehl/se (dpa, afp, rtr)