Deutsche Nachrichtenveranstaltungen finden statt

Slowakei steuert möglicherweise auf Neuwahlen zu

Präsidentin Zuzana Caputova bat Ministerpräsident Eduard Heger und sein Kabinett, geschäftsführend im Amt zu bleiben bis eine neue Regierung gebildet ist. Neuwahlen seien aber die bessere Option, so Caputova. Nach der Abstimmung im Parlament sei es offensichtlich, dass die Parteien kein Interesse an der Bildung einer neuen Regierung hätten, sagte Caputova. Die Wahl sollte in der ersten Hälfte des kommenden Jahres stattfinden.

Es sei unausweichlich, möglichst bald Neuwahlen durchzuführen, betonte die Staatschefin. Die Voraussetzungen dafür solle das Minderheitskabinett bis spätestens Ende Januar schaffen, anderenfalls werde sie ihre “verfassungsmäßigen Kompetenzen nützen”. Damit spielte sie offenbar auf ihre Möglichkeit an, die provisorische Regierung wieder abzusetzen. Regierungspolitiker hatten zuletzt darüber diskutiert, vorgezogene Neuwahlen im September 2023 anzusetzen. Das wäre weniger als ein halbes Jahr vor dem regulären nächsten Wahltermin im Februar 2024. So lange dürfe man nicht warten, forderte Caputova.

Slowakei, Bratislava | Regierung durch Misstrauensvotum gestürzt

Regierungschef Eduard Heger (1. Reihe, 4. von links) mit Kabinettsmitgliedern am Tag des Misstrauensvotums

Die slowakische Verfassung erlaubt derzeit keine vorgezogenen Neuwahlen. Das hatte das Verfassungsgericht im vergangenen Jahr klargestellt. Die Richter hatten aber zugleich angeregt, die Verfassung zu ändern, um diese Möglichkeit zu schaffen. Für eine solche Verfassungsänderung ist eine Dreifünftelmehrheit von 90 der stimmberechtigten Abgeordneten im Parlament notwendig. 

Sturz durch Misstrauensantrag

Am Donnerstag war die konservativ-populistische Regierung gestürzt worden. Im Parlament in der Hauptstadt Bratislava stimmten 78 von 150 Abgeordneten für einen Misstrauensantrag, der von der liberalen Partei Freiheit und Solidarität (SaS) und der linken Hlas (“Stimme”) eingebracht worden war. Die SaS des früheren Wirtschaftsministers Richard Sulik gehörte bis Anfang September selbst noch der Regierungskoalition an. Heger war zuletzt nur noch als Chef eines Minderheitskabinetts von drei Parteien im Amt. Die Opposition warf ihm vor, zu wenig gegen die Energiekrise und die Inflation sowie zunehmende Armut und gestiegene Flüchtlingszahlen zu tun.

Bei Neuwahlen würde dem bisherigen Regierungslager eine dramatische Niederlage drohen. Nach jüngsten Umfragen kämen alle drei Parteien zusammen nur auf rund 15 Prozent. Sollte die in Umfragen führende Hlas Wahlsiegerin werden, könnte dies Folgen für die Ukraine-Politik der Slowakei haben. Während die bisherige Regierung eng an der Seite des Nachbarlandes steht, sehen die Linken die Militärhilfe für Kiew kritisch.

bri/uh/wa/cw (dpa, rtr, afp)