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Mehrheit für Chiles Ultrakonservative im Verfassungsrat

Bei der Wahl zum Verfassungsrat in Chile hat die ultrarechte Republikanische Partei (Partido Republicano) einen deutlichen Sieg erzielt. Die Partei des früheren Präsidentschaftskandidaten José Antonio Kast kam auf über 35 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt in Santiago mitteilte. Damit stellen die Republikaner 22 Mitglieder im Verfassungsrat.

Die in der Liste Chile Seguro zusammengeschlossenen gemäßigten Konservativen sind mit elf Delegierten (21,7 Prozent der Stimmen) vertreten. Damit verfügt die Opposition über eine komfortable Mehrheit in dem Gremium, die einen großen Gestaltungsspielraum beim Entwurf einer neuen Verfassung ermöglicht. Sind sich die rechten Parteien einig, können sie gemeinsame Entwürfe vorschlagen, korrigieren und durchsetzen.

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Der Parteichef von Chiles Republikanern, José Antonio Kast. Unter seiner Führung haben die rechten Parteien eine komfortable Mehrheit im Verfassungsrat

Die Wahl war eine schwere Schlappe für den linken Präsidenten Gabriel Boric. Die von ihm und seiner Regierung unterstützte Liste Unidad Para Chile kann 17 Vertreter in das Gremium entsenden (27,4 Prozent der Stimmen). Insgesamt hatten sich 350 Kandidatinnen und Kandidaten auf 5 Listen um die Sitze in der Versammlung beworben.

Neuer Anlauf – Ausgang ungewiss

Eine Expertenkommission arbeitet bereits seit März an einem Entwurf für ein neues Grundgesetz, ab Juni soll dann der Verfassungsrat über den Text beraten. Es ist bereits der zweite Versuch, dem südamerikanischen Land eine neue Verfassung zu geben. Die aktuelle Verfassung aus den 1980er Jahren stammt noch aus der Zeit der Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet. Die Aufgaben des Staates sind darin auf ein Minimum reduziert, das Bildungs-, Gesundheits- und Rentensystem weitgehend privatisiert.

Chiles Präsident Gabriel Boric

Schon zum zweiten Mal musste das Regierungslager um Präsident Gabirel Boric im Ringen um eine neue Verfassung eine herbe Niederlage einstecken

Die Abschaffung der alten Verfassung war eine zentrale Forderung der großen Sozialproteste von 2019. Daraufhin arbeitete eine verfassungsgebende Versammlung von 2021 bis 2022 ein neues Grundgesetz aus. Bei einem Referendum im vergangenen Jahr lehnten die Chilenen die neue Verfassung allerdings mit großer Mehrheit ab. Die neue Verfassung hätte ein Recht auf Wohnraum, Bildung und Gesundheit garantiert, eine Frauenquote von 50 Prozent in allen Staatsorganen festgeschrieben und den indigenen Gemeinschaften ein Selbstbestimmungsrecht eingeräumt. Das ging Beobachtern zufolge vielen Menschen in dem konservativen Land zu weit.

Vertreter der politischen Rechten hatten sich kaum an der Ausarbeitung der neuen Verfassung beteiligt und beim Referendum dann für eine Ablehnung des Vorschlags geworben. Nachdem sie nun die Mehrheit im Verfassungsrat gewonnen haben, müssen sie sich aber mit dem Thema beschäftigen.

qu/uh (dpa, epd, kna, afp)