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Kopf-an-Kopf-Rennen – Paraguayer wählen neuen Präsidenten

Bei der Präsidentenwahl in Paraguay könnte die langjährige Regierungspartei eine seltene Schlappe erleiden. In den vergangenen 76 Jahren hat die Partido Colorado erst eine Wahl in dem südamerikanischen Land verloren. Vor der Abstimmung an diesem Sonntag liegen der frühere Finanzminister Santiago Peña von der konservativen Colorado-Partei und der langjährige Abgeordnete Efraín Alegre von der Radikal-Liberalen Partei in den Umfragen nun etwa gleich auf.

Der Oppositionskandidat könnte von den jüngsten Korruptionsvorwürfen gegen hochrangige Mitglieder der Colorado-Partei profitieren. Zuletzt setzten die USA den Parteivorsitzenden und paraguayischen Ex-Präsidenten Horacio Cartas sowie den amtierenden Vizepräsidenten Hugo Velázquez auf die Sanktionsliste. Der bisherige Staatschef Mario Abdo Benítez ist seit 2018 im Amt und tritt nicht wieder an. Die Verfassung erlaubt den Staatspräsidenten nur eine Amtszeit.

Annäherung an China?

Der 44-jährige Peña will im Falle eines Wahlsiegs vor allem die wirtschaftliche Entwicklung des Landes vorantreiben. Der 60-jährige Oppositionskandidat Alegre kündigte im Wahlkampf an, gegen die Korruption vorzugehen und mehr sozialen Ausgleich zu schaffen. Zugleich will Alegre diplomatische Beziehungen zu China aufnehmen. Paraguay unterhält traditionell diplomatische Beziehungen zu Taiwan und zählt damit zu den noch rund Dutzend Ländern, die im Machtkampf zwischen Peking und Taipeh der kleinen Insel die Treue halten. Die einflussreichen Landwirte in Paraguay wünschen sich schon lange die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu China, weil sie sich dadurch bessere Exportchancen beispielsweise für Soja und Rindfleisch ausrechnen. 

In Mittelamerika hatte vor wenigen Wochen Honduras angekündigt, seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan zu beenden und stattdessen mit Peking zusammenzuarbeiten. Begleitet hatte die Führung in Tegucigalpa diese Entscheidung mit der Übergabe einer Liste an Investitionswünschen, die die Linksregierung in Honduras den Chinesen zukommen ließ.

Ein Topthema im Wahlkampf: öffentliche Sicherheit

In der innenpolitischen Debatte in Paraguay standen Fragen der öffentlichen Sicherheit, Arbeitslosigkeit, die große Spanne zwischen Arm und Reich und die Korruptionsbekämpfung im Mittelpunkt. Die Landeskirche ließ indirekt durchblicken, dass sie einem Kurswechsel in der Politik nicht abgeneigt gegenübersteht. Ricardo Valenzuela, Bischof aus dem Wallfahrtsort Caacupe, rief dazu auf, bei der Abstimmung “die Guten zu belohnen und die Bösen zu bestrafen”. Die Bischofskonferenz appellierte an die Politik, vor allem die Ränder der Gesellschaft – die Armen und Indigenen, die vom etablierten System immer vernachlässigt wurden – endlich in den Blick zu nehmen.

Taiwan Taipei | Mario Abdo Benitez und Tsai Ing-wen

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen war erst im Februar 2023 bei ihrem Kollegen Mario Abdo Benitez zu Gast

Paraguay hat knapp sieben Millionen Einwohner und ist neben Bolivien das einzige Land Südamerikas ohne Zugang zum Meer. Das zwischen Bolivien, Argentinien und Brasilien liegende Land ist ein Transitgebiet des Drogenschmuggels. Die wichtigsten Exportgüter sind Soja, Elektrizität und Rindfleisch. Während der Corona-Pandemie waren zahlreiche Impfgegner aus Deutschland nach Paraguay ausgewandert.

Wer bei der Wahl die meisten Stimmen erhält, ist gewählt; unabhängig davon, ob es das beste Ergebnis eines Kandidaten die 50 Prozent-Marke überschreitet. Rund 4,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind zudem aufgerufen, eine neue Abgeordnetenkammer, den Senat und 17 Gouverneure zu wählen. Die Wahllokale öffnen um 13 Uhr MESZ und schließen um 22 Uhr MESZ. Mit ersten Ergebnissen wird in der Nacht auf Montag gerechnet.

kle/wa (dpa, kna, afp)