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Knesset macht Weg frei für vorbestrafte Minister

Vorbestraft und trotzdem Regierungsmitglied, in Israel ist das künftig möglich. Noch vor ihrer geplanten Vereidigung hat die rechts-religiöse Regierung des designierten Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu eine höchst umstrittene Gesetzesänderung durchgesetzt. 63 der 120 Abgeordneten in der Knesset stimmten nach stundenlangen Debatten dafür und 55 dagegen. Das Gesetz erlaubt die Übernahme eines Ministeramtes trotz einer begangenen Straftat – unter der Bedingung, dass keine Freiheitsstrafe verhängt wurde. Die Gesetzesänderung soll es dem Vorsitzenden der strengreligiösen Schas-Partei, Arie Deri, ermöglichen, trotz einer Verurteilung wegen Steuerdelikten Innenminister zu werden.

Israel | Benjamin Netanjahu

Netanjahu vor politischem Comeback – an der Spitze der rechtesten Regierung aller Zeiten in Israel

Eine zweite verabschiedete Gesetzesänderung ist auf den Vorsitzenden der Partei Religiöser Zionismus, Bezalel Smotrich, zugeschnitten. Sie ermöglicht ihm, neben dem Finanzministerium auch einen Ministerposten im Verteidigungsministerium zu übernehmen. Der Chef der ultrarechten Partei soll im Verteidigungsressort im Ministerrang die Zuständigkeit für die zivile Verwaltung des besetzten Westjordanlands erhalten. Deshalb verabschiedeten die Abgeordneten ein Gesetz, das die Ernennung von zwei Ministern für dasselbe Ministerium erlaubt.

Smotrich gilt als glühender Verfechter des Siedlungsausbaus in dem überwiegend von Palästinensern bewohnten Gebiet und strebt die Legalisierung weiterer israelischer Siedlungen an.

Schließlich wurden noch die Befugnisse des Ministers für Nationale Sicherheit durch eine Gesetzesänderung ausgeweitet. Das Amt soll der rechtsextreme Politiker Itamar Ben-Gvir erhalten. Neben der Polizei soll er nach der Gesetzesänderung auch für die Grenzpolizei im Westjordanland zuständig sein.

Israel bekommt rechteste Regierung aller Zeiten

Nach dem Sieg seiner rechtskonservativen Likud-Partei bei der Parlamentswahl konnte Netanjahu sich die Unterstützung dreier ultrarechter sowie zweier ultraorthodoxer Parteien sichern. Die jetzt gebildete Regierung ist die am weitesten rechts stehende in der Geschichte des Staates Israel.

Die Koalitionsgespräche gestalteten sich wegen der Verteilung der Kabinettsposten schwierig, doch in der vergangenen Woche meldete Netanjahu kurz vor Ablauf einer Frist zur Bildung einer neuen Regierung Vollzug. Am Donnerstagmorgen will Netanjahu seine neue Regierung im Parlament vorstellen. Die Abstimmung am 1. November war die fünfte Parlamentswahl in Israel in weniger als vier Jahren.

Der scheidende Regierungschef Jair Lapid sagte nach den bisherigen Gesetzesänderungen, die neue Regierung habe sich bereits vor ihrer Vereidigung als “die korrupteste aller Zeiten” erwiesen. 

qu/fab (dpa, afp, kna)