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Iran: Zehn Haftstrafen nach Abschuss von ukrainischer Boeing

Drei Jahre nach dem Abschuss eines ukrainischen Passagierflugzeugs im Iran hat die Justiz zehn Militärangehörige verurteilt. Wie das Justizportal Misan bekanntgab, verurteilte ein Militärgericht einen Kommandeur der Flugabwehr zu zehn Jahren Gefängnis. Weitere neun Beschuldigte erhielten demnach mehrjährige Haftstrafen. Die Identitäten der Beschuldigten wurden nicht öffentlich gemacht.

Der Abschuss am 8. Januar 2020 war laut der Urteilsbegründung des Gerichts ein “menschlicher Fehler”. Der Kommandeur eines Tor M-1-Systems habe zwei Raketen “entgegen seiner Befehle” und ohne Autorisierung abgefeuert. “Angesichts der Tragweite der Auswirkungen dieser Aktion wurde der Hauptbeschuldigte zur Höchststrafe verurteilt”, hieß es bei Misan.

Die iranische Luftabwehr hatte inmitten militärischer Spannungen mit den USA die Boeing 737 abgeschossen. Die Maschine der Ukrainian International Airlines war gerade am Flughafen Teheran gestartet. Alle 176 Insassen von Flug PS752, hauptsächlich kanadische und iranische Staatsbürger, wurden bei dem Abschuss getötet.

“So sieht Gerechtigkeit in der Islamischen Republik aus”

Hinterbliebene kritisierten die Aufarbeitung des Abschusses als unzureichend. Der in Kanada ansässige Aktivist Hamed Esmaeilion verlor damals seine Familie und engagiert sich seitdem in der Exil-Opposition gegen die iranische Führung. “So sieht Gerechtigkeit in der Islamischen Republik aus”, kritisierte Esmaeilion das Urteil. Er sprach von einem Schauprozess und warf Teheran erneut vor, die Maschine absichtlich abgeschossen zu haben.

Kanada Iran Memorial Flug PS752 in Toronto

Hamed Esmaeilion mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau und Außenministerin Melanie Joly beim Gedenken am 8. Januar 2023

Unabhängig von dem Prozess hatte Teheran bereits 2020 jeder Familie Schmerzensgeldzahlungen in Höhe von “150.000 US-Dollar oder dem Äquivalent in Euro” in Aussicht gestellt. Diplomaten Kanadas und der Ukraine kritisierten damals die Vorgehensweise. Anfang 2022 stellte ein kanadisches Gericht nach der Klage von sechs Familien einen Anspruch in Höhe von mehr als 80 Millionen Dollar fest. Kanada und andere Länder fordern einen Schlichter zur Beilegung der Ansprüche. Dies könnte ein erster Schritt dazu sein, den Fall vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu bringen, was Hinterbliebene seit längerem fordern.

ehl/pg (dpa, afp)