Das Wichtigste in Kürze:
- Baerbock schließt Lockerung der Russland-Sanktionen aus
- Selenskyj fordert Einstufung Russlands als “Terrorstaat”
- UN und EU verurteilen russischen Raketenangriff auf Winnyzja
- Präsidialamt in Kiew für bessere Erfassung gelieferter Waffen
- Konferenz hat über Ahndung von Kriegsverbrechen in Ukraine beraten
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat eine Lockerung der vom Westen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine verhängten Sanktionen ausgeschlossen. Auch ein solcher Schritt würde die Gas-Versorgung aus Russland nicht sicherstellen, “sondern wir wären doppelt erpressbar”, sagte die Grünen-Politikerin bei einer Diskussion mit Bürgern in Bremen.

Für die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock gibt es keine Alternative zu Sanktionen gegen Russland
Würde man akzeptieren, dass jemand “auf brutalste Art und Weise” internationales Recht breche, dann wäre das “eine Einladung an all diejenigen, die Menschenrechte, Freiheit und Demokratie mit Füßen treten”. Daher werde Deutschland die Ukraine unterstützen, “solange sie uns braucht”, betonte Baerbock. “Und daher werden wir auch diese Sanktionen aufrechterhalten und zugleich sicherstellen, dass bei uns die Gesellschaft nicht gespalten wird.”
Selenskyj fordert Einstufung Russlands als “Terrorstaat”
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland nach dem Raketenangriff im Zentrum der Großstadt Winnyzja im Westen des Landes einen “Terrorstaat” genannt. “Kein anderer Staat in der Welt stellt eine solche terroristische Gefahr dar wie Russland”, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. Und kein anderes Land auf der Welt nehme sich heraus, jeden Tag mit seinen Raketen und seiner Artillerie “friedliche Städte und alltägliches menschliches Lebens” zu vernichten.
Bei dem Angriff am Donnerstag in der weit von der Frontlinie entfernten Stadt wurden nach jüngsten Angaben 23 Menschen getötet, darunter drei Kinder. Viele weitere werden noch vermisst. Drei Raketen sollen in einem Bürozentrum eingeschlagen sein. Daraufhin sei ein Feuer ausgebrochen und habe etwa 50 parkende Autos erfasst, hieß es. Laut Selenskyi wurde auch ein medizinisches Zentrum getroffen.

Präsident Selenskyj fordert ein Kriegsverbrechertribunal gegen Russland
Die Vereinten Nationen und die Europäische Union haben die russischen Angriffe auf zivile Einrichtungen in Winnyzja scharf verurteilt. UN-Generalsekretär António Guterres sei “entsetzt”, erklärte ein Sprecher. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach von einem “Akt der Grausamkeit”.
Pro-russische Separatisten melden weitere Geländegewinne
In der Region Donezk im Osten der Ukraine stehen die pro-russischen Separatisten nach eigenen Angaben kurz vor der Stadt Soledar. Zwei Dörfer am östlichen Stadtrand seien eingenommen worden, hieß es. Der ukrainische Generalstab dementierte diese Angaben. Die ukrainischen Truppen seien dort zwar schwer unter Beschuss, hätten aber keine Geländeverluste hinnehmen müssen, sagte ein Sprecher in Kiew. Die Angaben aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Ukrainisches Präsidialamt für bessere Erfassung gelieferter Waffen
Ein hochrangiger Berater Selenskyjs hat sich für eine verbesserte Erfassung der Waffenlieferungen aus dem Westen ausgesprochen. Der Leiter des Präsidialamts, Andrij Jermak, appellierte an das Parlament in Kiew, ein Komitee einzusetzen, das die Wege der Waffen kontrolliert. Die EU-Kommission hatte sich besorgt gezeigt, dass ein Teil der Waffen aus der Ukraine herausgeschmuggelt werden und in den Händen krimineller Banden in Europa landen könnte.
Jermak schrieb dazu im Onlinedienst Telegram, alle vom Westen gelieferten Waffen würden “registriert und an die Kriegsfront geschickt”. Zugleich betonte er jedoch, dass das ukrainische Parlament an der Kontrolle der Waffenlieferungen beteiligt sein solle. Ziel der Ukraine sei, unter dem Kriegsrecht so transparent wie möglich zu sein. Transparenz sei “das beste Rezept gegen russische Manipulation und Falschinformationen”.
Chefankläger fordert Zusammenarbeit bei Verfolgung von Kriegsverbrechen in Ukraine
Unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine haben westliche Staaten bekräftigt, sich für eine konsequente Strafverfolgung von Kriegsverbrechern einzusetzen. Sie verpflichteten sich zum Abschluss einer Konferenz am Donnerstag in Den Haag, mehr Geld und Experten zur Verfügung zu stellen und bei den Ermittlungen enger zusammenzuarbeiten.

Feuerwehrleute löschen in Winnyzja bei dem Raketenangriff in Brand geratene Fahrzeuge
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Karim Khan, sagte: “Ich hoffe, dass wir den Prozess beschleunigen und den Opfern zeigen können: Das Recht ist nicht machtlos.” Das Weltstrafgericht hatte gemeinsam mit der EU-Kommission und den Niederlanden die Tagung einberufen, um die Strafverfolgung von mutmaßlichen Kriegsverbrechern in der Ukraine zu koordinieren. Zu den 45 beteiligten Staaten gehörten auch Deutschland, die USA, Australien und Kanada.
Schulze warnt bei Getreidestreit vor zu viel Optimismus
Nach der Annäherung im Streit über die Freigabe ukrainischer Getreideexporte aus der Ukraine hat Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze vor zu großem Optimismus gewarnt. “Eine Einigung auf sichere Transportmöglichkeiten von Getreide aus der Ukraine über den Seeweg wäre eine Erleichterung für die hungernden Menschen weltweit”, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Aber die Erfahrung mit Kremlchef Waldimir Putin zeige, dass man sich darauf nicht verlassen sollte.

Getreideverladestation bei Odessa im Süden der Ukraine
International vermittelte Gespräche über eine Beendigung der russischen Seeblockade im Schwarzen Meer haben nach UN-Angaben einen ersten Durchbruch gebracht. In der kommenden Woche wollen sich die Delegationen der Ukraine und Russlands ein zweites Mal in Istanbul treffen. Das teilte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar nach dem ersten Gespräch in der Metropole am Bosporus mit. Er signalisierte, in der nächsten Woche könne eine Einigung verkündet werden über die Freigabe von 20 bis 25 Millionen Tonnen Getreide, das derzeit in ukrainischen Häfen gelagert ist. Die Ukraine war vor dem russischen Angriffskrieg einer der größten Getreideexporteure weltweit.
qu/ie (dpa, afp, rtr)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.