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Ukraine aktuell: Hoffnung auf baldiges Treffen von Putin und Selenskyj

Das Wichtigste in Kürze:

  • Gespräch zwischen Putin und Selenskyj scheint möglich
  • Russische Truppen verlassen Region um Kiew
  • Massengräber in Kiewer Vorort
  • Selenskyj erwartet russische Angriffe im Osten und Süden
  • Baltische Staaten stoppen Gasimport aus Russland

Nach wochenlangen Verhandlungen zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine zur Beendigung des Kriegs zeichnen sich aus Sicht der Regierung in Kiew erste positive Signale ab. Mit Blick auf den aktuellen Stand sprach der ukrainische Chefunterhändler David Arachamija am Samstagabend im Staatsfernsehen von einem möglicherweise baldigen Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Kremlchef Wladimir Putin.

Die Agentur Interfax Ukraine zitiert Arachamija mit den Worten, Russland habe angedeutet, dass man bei den Dokumenten für den Entwurf eines Friedensvertrags so weit vorangekommen sei, dass dies direkte Konsultationen der Präsidenten beider Länder erlaube. Russland habe die Position der Ukraine grundsätzlich akzeptiert, mit Ausnahme des Standpunktes zu der 2014 von Russland annektieren Halbinsel Krim.

Sollte das Treffen zustande kommen, werde es wohl in der Türkei abgehalten, entweder in Ankara oder Istanbul, sagte Arachamija. Selenskyj hatte in den vergangenen Wochen wiederholt ein direktes Gespräch mit Putin gefordert, um den von Moskau am 24. Februar begonnenen Angriffskrieg zu beenden. Der Kreml lehnte dies bisher mit dem Hinweis darauf ab, dass Putin eine konkrete Grundlage – im Sinne abgeschlossener Vorverhandlungen – für diese Zusammenkunft fordert.

Junge vor einem ausgebrannten Fahrzeug

Russische Truppen sind aus der Region Kiew abgezogen – ihre Hinterlassenschaft: Zerstörung

Kontrolle über Kiew

Die ukrainische Armee hat nach Regierungsangaben die Region um die Hauptstadt Kiew wieder vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. “Irpin, Butscha, Hostomel und die gesamte Region Kiew wurden von den Invasoren befreit”, schrieb Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maliar am Samstag auf Facebook. Die Kiewer Vororte waren bei den wochenlangen Kämpfen zwischen der ukrainischen Armee und den russischen Truppen schwer beschädigt worden.

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“Wir würden sofort nach Kiew zurückkehren”

Massengräber und mutmaßliche Gräueltaten

Nach dem Rückzug der russischen Armee aus dem Kiewer Vorort Butscha sind dort nach Behördenangaben fast 300 Menschen in Massengräbern beerdigt worden. Die Straßen der durch die Kämpfe stark zerstörten Kleinstadt seien mit Leichen übersät, sagte Bürgermeister Anatoly Fedoruk der Nachrichtenagentur AFP. 280 Menschen mussten nach seinen Angaben bereits in Massengräbern beigesetzt werden, da die drei städtischen Friedhöfe in Reichweite des russischen Militärs liegen.

Zudem berichten ukrainische Truppen von Dutzenden toten Zivilisten, die sie in Butscha entdeckt hätten. Viele von ihnen seien von russischen Soldaten erschossen worden, twitterte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. “Sie waren nicht beim Militär, sie hatten keine Waffen, sie stellten keine Bedrohung dar”, schrieb er. Auf einem Foto, das Podoljak in seinem Tweet teilte, waren erschossene Männer zu sehen. Bei einem von ihnen waren die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die Echtheit des Bildes konnte nicht unabhängig geprüft werden.

Ukraine | Treffen Präsident des Europäischen Parlaments Roberta Metsola und Präsident Wolodymyr Selenskyj

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola traf Ukraines Präsident Selenskyj in Kiew

Selenskyj erwartet russische Angriffe im Osten und Süden

Präsident Selenskyj erwartet nun heftige russische Angriffe im Osten und Süden. “Was ist das Ziel der russischen Armee? Sie wollen sowohl den Donbass als auch den Süden der Ukraine erobern”, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft in der Nacht zum Sonntag. “Und was ist unser Ziel? Wir wollen uns, unsere Freiheit, unser Land und unsere Menschen schützen.” Um den russischen Plänen entgegenzuwirken, werde die Abwehr der ukrainischen Streitkräfte in östlicher Richtung verstärkt. 

US-Geheimdienstexperten vermuteten im Gespräch mit dem Sender CNN, dass Russlands Präsident Putin einen Erfolg im Osten der Ukraine bis spätestens Anfang Mai anstrebt, um diesen bei der Siegesparade zum 9. Mai – zu den jährlichen Feiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs – öffentlichkeitswirksam zu feiern.

Baggen verlegen ein Stück einer Pipeline

Bauarbeiten an der Gaspipeline zwischen Litauen und Belarus – hier strömte das russische Gas durch (Archivbild)

Kein russisches Gas mehr in die baltischen Staaten

Die baltischen Staaten haben den Import von Erdgas aus Russland eingestellt. “Seit dem 1. April fließt kein russisches Erdgas mehr nach Lettland, Estland und Litauen”, sagte Uldis Bariss, Chef des lettischen Erdgasspeicher-Betreibers Conexus Baltic Grid, dem lettischen Rundfunk. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda rief die restlichen EU-Staaten auf Twitter auf, dem Beispiel zu folgen: “Wenn wir es können, kann es der Rest Europas auch!”
Sein Land habe vor Jahren Entscheidungen getroffen, “die es uns heute ermöglichen, ohne Schmerzen die Energie-Beziehungen mit dem Aggressor zu beenden”, fügte Nauseda hinzu. Bariss zufolge wird der baltische Markt derzeit durch Gasreserven versorgt, die unterirdisch in Lettland gelagert werden.

 

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

as/fab/cw (afp, dpa, rtr)