Das Wichtigste in Kürze:
- Öffnet sich humanitärer Korridor in Mariupol an diesem Freitag?
- Moskau verhängt Einreiseverbote für EU-Vertreter
- Geld für Erdgas soll an Gazprom
- Keine Entspannung in Kiew
Nach Forderungen Deutschlands und Frankreichs will Russland nach eigenen Angaben an diesem Freitag einen neuen Anlauf für einen humanitären Korridor aus der umkämpften Hafenstadt Mariupol nehmen. Das russische Verteidigungsministerium kündigte eine Feuerpause für den Morgen und den geplanten Beginn der Evakuierung von 9.00 Uhr MESZ an. Die Menschen sollten unter Beteiligung des Roten Kreuzes und des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen aus der Stadt herausgebracht werden, sagte Generalmajor Michail Misinzew.
Der neuerliche Versuch für einen humanitären Korridor folge einem Appell von Kanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, teilte das Ministerium in Moskau weiter mit.
Einreiseverbote für EU-Repräsentanten
Unterdessen hat Russland als Reaktion auf Sanktionen wegen seines Militäreinsatzes in der Ukraine ein Einreiseverbot für EU-Spitzenpolitiker und -Abgeordnete angekündigt. “Die Beschränkungen gelten für die höchsten Vertreter der EU, einschließlich einer Reihe von EU-Kommissaren und Leitern von EU-Militärstrukturen, sowie für die große Mehrheit der Abgeordneten des EU-Parlaments, die eine antirussische Politik unterstützen”, erklärte das Außenministerium.
Die Strafmaßnahmen gelten demnach auch für Politiker aus EU-Mitgliedstaaten und für Persönlichkeiten und Journalisten, die “illegale Sanktionen gegen Russland unterstützt, Russophobie geschürt oder die Rechte und Freiheiten der russischsprachigen Bevölkerung verletzt haben”.
Eine Liste der Betroffenen veröffentlichte das russische Außenministerium nicht. Es betonte, “jede feindselige Handlung seitens der EU und ihrer Mitgliedstaaten” werde “unweigerlich zu einer entschlossenen Gegenreaktion führen”.
Wohin das Geld fließen soll
Auf Anordnung von Russlands Präsident Wladimir Putin müssen westliche Staaten Konten bei der Gazprombank eröffnen, um weiter russisches Gas zu bekommen. Andernfalls würden die Lieferungen eingestellt, drohte Putin. Dazu unterzeichnete der Kremlchef ein Dekret, das an diesem Freitag in Kraft tritt. Demnach kann auf das russische Konto weiter in Euro oder Dollar eingezahlt werden. Die Gazprombank konvertiert das Geld in Rubel und überweist den Betrag an Gazprom.

Gazprom unterhält eine Geschäftsstelle auch in Berlin
Die Gruppe der G7-Wirtschaftsmächte, darunter Deutschland, sowie die Europäische Union insgesamt lehnen Zahlungen in Rubel strikt ab.
Erdgasversorgung ist stabil
Die Bundesnetzagentur teilte mit, die Gasversorgung in Deutschland sei stabil. Es seien keine Beeinträchtigungen der Lieferungen zu verzeichnen, hieß es in einem neuen Lagebericht. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte am Mittwoch die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen, die erste von drei Stufen.
Im Zuge des Ukraine-Krieges ist nicht nur der Preis für Erdgas unter Druck geraten, sondern auch der Erdölpreis. Die USA kündigten an, sie würden ein halbes Jahr lang täglich eine Million Barrel aus ihren strategischen Ölreserven freigeben. Das Weiße Haus sprach von der “größten Freigabe von Ölreserven der Geschichte”.
Klitschko hofft auf Hilfe aus Berlin
Der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko warb bei einem Besuch in Berlin eindringlich um Unterstützung für die Ukraine. Wir haben schon viel bekommen, vor allem von Deutschland”, sagte er im ZDF und bedankte sich. Allerdings sei dies nicht genug. “Der Angreifer, der Aggressor macht immer weiter”, sagte Klitschko, dessen Bruder Vitali Bürgermeister der Hauptstadt Kiew ist. Benötigt würden vom Westen Finanzhilfen, Lebensmittel, Medikamente und auch Waffen.

Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko sprach in Berlin auch mit Wirtschaftsminister Robert Habeck
Deutschland hat nach Angaben von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht bislang Waffen im Wert von mehr als 80 Millionen Euro an die Ukraine geliefert. Weitere Waffenlieferungen würden folgen, sagte Lambrecht während eines Besuchs in New York. Sie reagierte damit auf Vorwürfe, ihr Ministerium habe die Ukraine bislang nicht ausreichend unterstützt.
Lage rund um Kiew “verbessert sich”
In der ukrainischen Hauptstadt hat sich die Lage nach Angaben des Stadtkommandanten etwas entspannt. “Dank der standhaften Verteidigung und der heldenhaften Aktionen unserer Truppen verbessert sich die Situation rund um die Stadt”, erklärte General Mykola Schyrnow. In den Außenbezirken der ukrainischen Hauptstadt werde aber weiterhin gekämpft.
EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola brach zu einer Reise in die ukrainische Hauptstadt auf. “Auf dem Weg nach Kiew”, schrieb die Christdemokratin. Dazu veröffentlichte die 43-Jährige ein Foto, das sie vor einem ukrainischen Eisenbahnwaggon zeigt. Details zur Reise der aus Malta stammenden Parlamentspräsidentin gab es aus Sicherheitsgründen zunächst nicht. Ihr Sprecher teilte lediglich mit, Metsola werde im Namen des Europäischen Parlaments eine Botschaft der Unterstützung und Hoffnung für die Menschen in Kiew überbringen.
Nach Einschätzung der US-Regierung bleibt Kiew weiter stark durch russische Luftangriffe gefährdet. Russlands Ankündigung einer Deeskalation sei “schöne Rhetorik”, sagte ein hochrangiger Pentagon-Vertreter. “Aber es bedeutet nicht, dass die Bedrohung aus der Luft weniger wird.” Auch wenn die Bodenpräsenz rund um Kiew verringert werde, setze das russische Militär die Stadt weiter mit Luftangriffen unter Druck. Die Angriffe konzentrierten sich nicht nur auf Kiew, sondern oder auch Tschernihiw.
In Verhandlungen mit der Ukraine über ein Ende des Kriegs hatte Russland angekündigt, dort die Kampfhandlungen deutlich zurückzufahren. Nach Erkenntnissen der US-Regierung zog Russland binnen 24 Stunden aber lediglich ein Fünftel seiner Truppen aus der Umgebung der Hauptstadt ab.
Statt Rückzug ein Neupositionieren
Die NATO sieht darin keine Signale der Entspannung. “Nach unseren Geheimdienstinformationen ziehen sich russische Einheiten nicht zurück, sondern positionieren sich neu”, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. Russland versuche, seine Truppen neu zu gruppieren, Nachschub zu organisieren und die Offensive im Donbass zu verstärken.
Bundeskanzler Olaf Scholz forderte Putin auf, den Krieg einzustellen. “Gemeinsam fordern wir Präsident Putin auf, jetzt einem Waffenstillstand zuzustimmen, humanitäre Versorgung zu ermöglichen und wirkliche Friedensverhandlungen zu führen”, sagte Scholz.
Grossi reist weiter nach Russland
Nach seinem Besuch in der Ukraine ist der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nach Russland weiter gereist. Rafael Grossi sei in der russischen Exklave Kaliningrad eingetroffen. Dort werde er am Freitag Gespräche mit hochrangigen Vertretern der russischen Regierung führen, hieß es.

IAEA-Direktor Rafael Mariano Grossi
Grossi hatte am Mittwoch das Atomkraftwerk von Iujno-Ukrainsk im Süden der Ukraine besucht. Es war sein erster Besuch in dem Land seit Beginn des russischen Angriffskriegs. Grossi hat seit Kriegsbeginn wiederholt vor den Gefahren der Kampfhandlungen für die ukrainischen Atomkraftwerke gewarnt. Die Ukraine verfügt über vier aktive Atomkraftwerke mit 15 Reaktoren sowie mehrere Atommüll-Lager.
Fast 290.000 Kriegsflüchtlinge
Der Bundeskanzler berät an diesem Freitag mit den Kommunen über die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Zu dem Treffen im Kanzleramt in Berlin sind die Spitzenvertreter der kommunalen Spitzenverbände geladen. Der Deutsche Städtetag hatte im Vorfeld insbesondere verbindliche Absprachen für die schnelle Verteilung und Registrierung der Flüchtlinge und eine Übernahme der Kosten gefordert.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze will den Binnenflüchtlingen in der Ukraine helfen
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden bis Donnerstag über 288.000 Kriegsflüchtlinge in Deutschland erfasst. Die Zahl ist allerdings nicht vollständig, weil es für Geflüchtete aus der Ukraine keine Pflicht gibt, sich registrieren zu lassen.
Die Bundesregierung will ihre Hilfen für ukrainische Binnenflüchtlinge auf 50 Millionen Euro erhöhen. Das kündigte Entwicklungsministerin Svenja Schulze in den Zeitungen der Funke Mediengruppe an. Fast vier Millionen Menschen hätten die Ukraine verlassen, aber die meisten Geflüchteten – sechs Millionen – seien als Binnenvertriebene im Land geblieben, sagte die Ministerin: “In dieser dramatischen Lage kommt es darauf an, die Gemeinden in der Westukraine dabei zu unterstützen, Menschen auf der Flucht aufzunehmen und zu versorgen – wenn es sein muss, auch über mehrere Jahre.”
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
haz/wa (dpa, rtr, afp)