Ob die Party-Insel Ibiza, die Strände von Mallorca oder die belebten Straßen von Madrid – Spanien war schon immer eine der Top-Destinationen in Europa für Reisende aller Altersklassen. Und obwohl Anfang des Monats immer noch strenge Restriktionen für Nachtclubs galten und sie wie Bars und andere Einrichtungen spätestens um 3 Uhr früh schließen mussten, kamen trotzdem viele Besucher in die spanische Hauptstadt, um wenigstens einen Teil der Nacht durchtanzen zu können.

Madrids berühmte Plaza de Mayor füllt sich langsam wieder mit Touristen
Stephan Neumann und Kristina Prodanovic aus Köln haben auf ihrer Europareise auf dem Rückweg von Portugal in Madrid Station gemacht. Die beiden 35-Jährigen, die sich selbst als “Nachteulen” bezeichnen, wollten das legendäre Nachtleben der spanischen Hauptstadt erleben.
“Wir freuen uns über jeden Tanz”
Im vorigen Jahr, kurz nach dem Ausbruch der Pandemie, war es den Bewohnern nicht erlaubt, ihre Wohnungen und Häuser für nicht-lebensnotwendige Anlässe zu verlassen. Später galt dann eine Ausgangssperre ab elf Uhr abends, als einige der Beschränkungen gelockert wurden. Doch auch jetzt haben viele Clubs und Restaurants immer noch nur zeitweise geöffnet.
“Vor unserem Besuch habe ich etwas recherchiert und musste feststellen, dass viele Clubs einfach dauerhaft geschlossen sind”, erzählt Kristina Prodanovic und fügt hinzu: “Das ist so traurig.”
Und die Lokale, die noch geöffnet haben, müssen sich mit den ständig wechselnden Anordnungen arrangieren, zum Beispiel wann sie geöffnet haben und wie viele Leute sie reinlassen dürfen.

Spanier lieben es bis spät in die Nacht aufzubleiben – wegen Corona haben sie ihre Treffen nach vorn verlegt
Deshalb treffen sich viele Partygänger nach der Sperrstunde um drei Uhr morgens in den Parks und auf den Plätzen der Stadt, um dort unter freiem Himmel weiterzufeiern. Besonders an den Wochenenden sind die Straßen voll mit Musik und dem Lachen fröhlicher Menschen. Nach mehr als anderthalb Jahren unterschiedlichster Restriktionen scheint sich das nächtliche Party-Leben auf die Straßen oder in Privathäuser verlagert zu haben.
“Deshalb haben wir uns als Unterkunft auch ein gay-friendly Hotel ausgesucht, weil wir wissen, dass Homosexuelle grundsätzlich locker drauf sind und gerne Party machen”, sagt Kristina. Und ihr Plan ging auf: “Wir waren so gegen zehn oder elf Uhr zurück im Hotel – morgens”, erzählt Stephan Neumann und schmunzelt. “Wir haben jeden Tanz genossen, den wir nach einem Jahr der Beschränkungen tanzen konnten”, ergänzt Kristina Prodanovic.
Schmerzhafte Erinnerungen
Doch auch, wenn sich das öffentliche und das Nachtleben in Spaniens Hauptstadt wieder normalisieren, so bleibt die Erinnerung an den harten Lockdown und an eine der europaweit höchsten Zahlen an Corona-Toten im öffentlichen Gedächtnis. Spanien mit seinen 47 Millionen Einwohnern verzeichnete seit Beginn der Pandemie 86.000 Todesfälle durch und mit COVID-19.
“Jeder und jede in Madrid kennt jemanden, der in der Pandemie gestorben ist”, sagt der 27-jährige Dario Barreiro. Diese Erinnerungen sind wohl auch ein Grund dafür, dass viele Einheimische weiterhin Gesichtsmasken tragen, auch wenn es nicht mehr gesetzlich vorgeschrieben ist. Außerdem sind 77 Prozent der Bevölkerung komplett durchgeimpft – damit ist Spanien eines der Länder mit den höchsten Impfquoten in Europa.
Die 28-jährige Julia Villalva aus Madrid sagt, die Spanier seien “an Impfkampagnen gewöhnt” und seien “sehr verantwortungsbewusst”.

Leere Straßen wie zu Zeiten des Lockdowns soll es in Madrid nicht mehr geben – außer frühmorgens
COVID-19 hat Spanien verändert. In dem Land, in dem das Nachtleben von jeher hoch geschätzt ist, wurden Treffen in die früheren Abendstunden verlegt, weil immer noch viele Restaurants und Bars komplett geschlossen haben oder früh schließen müssen – auch nach Aufhebung der 23-Uhr-Sperrstunde im Juni dieses Jahres.
Doch die Beschränkungen haben die Touristen nicht davon abhalten können, nach Spanien zu reisen. So war ein Lufthansa-Flug von Madrid nach Frankfurt an einem Sonntagabend bis auf den letzten Platz besetzt. Eine Stewardess erklärt sich die große Zahl an Passagieren damit, dass “die Leute einfach wieder reisen” wollten.
Abhängig vom Tourismus
Aber die Lockdowns haben auch dazu geführt, dass sich viele Spanierinnen und Spanier Gedanken machen über die wirtschaftliche Abhängigkeit ihres Landes vom Tourismus. Viele Grenzen bleiben nach wie vor geschlossen, viele Jobs gingen verloren. Das hat nach Aussage von Dario Barreiro dazu geführt, dass internationale Reisende in den Genuss vieler – legaler – Ausnahmen kamen, während Einheimische unter den Einschränkungen zu Beginn dieses Jahres litten.

Viele Spanier tragen noch immer Masken zum persönlichen Schutz, obwohl es gesetzlich nicht mehr vorgeschrieben ist
“Ich war verwirrt über diese Unterscheidung zwischen Spaniern und Nicht-Spaniern”, sagte Barreiro. “Wir waren echt sauer, als wir sahen, dass die komplett ohne Masken bis in die Nacht feiern durften, während wir um elf Uhr zuhause sein mussten. Das ergibt doch keinen Sinn.” Aber, so ergänzt er, ohne den Tourismus gäbe es im Land viele Probleme. “Die Ausnahmen für Ausländer haben sie gemacht, weil wir abhängig sind vom Tourismus.”
Aber die Dinge haben sich geändert. Jetzt gilt die Ausgangssperre nicht mehr und Impfpässe sind überall in Europa verbreitet. Wer nach Spanien einreisen möchte, muss einen Nachweis erbringen, dass er geimpft ist oder einen negativen PCR-Test. Außerdem muss er vor der Einreise ein Formular ausfüllen.
“Wir sind glücklich, dass wir die Touristen haben”, sagte Villalva. “So lange jemand geimpft oder negativ getestet ist, bin ich absolut zuversichtlich, dass es in Ordnung ist.”